
Umberto Ecos Der Name der Rose war vor dreißig Jahren der belletristische Knüller schlechthin: Allein im ersten Jahrzehnt nach seinem Erscheinen wurden über acht Millionen Exemplare verkauft, der Autor wurde schlagartig weltberühmt. Nun ist Ecos sechster Roman in deutscher Übersetzung veröffentlicht worden: Der Friedhof in Prag. Der jüdische Friedhof im alten Prag galt früher als Treffpunkt für Agenten und Spione. Diese sollen dort Weltherrschaftspläne geschmiedet haben, so heißt es beispielsweise in Hermann Goedsches antisemitischem Roman Biarritz aus dem Jahr 1868. Die jüdische Weltverschwörung soll in den sogenannten Protokollen der Weisen von Zion dokumentiert sein, einem tatsächlich existierenden antisemitischen Pamphlet unbekannter Herkunft. In seinem jüngsten Roman schmückt Umberto Eco die Entstehungsgeschichte des Protokolls fantasievoll aus.
Über die Romangeschichte
Dem Stoff mangelt es wahrlich nicht an Spannung. Der Roman handelt – wie bereits Der Name der Rose – wieder zu historischen Zeiten, diesmal im neunzehnten Jahrhundert, meist in Italien und Frankreich. Der Protagonist, ein gewisser Simon Simonini, Turiner Halbfranzose und Jurist, exzellenter Dokumentenfälscher und passionierter Feinschmecker, gerät in die politischen Grabenkämpfe zwischen Revolutionären, Freimaurern und Jesuiten. Er schlägt sich an wechselnden Fronten durch, wobei er mehr und mehr unter Einfluss einer gespaltenen Persönlichkeit agiert. Gegen Ende der Geschichte tauchen die besagten Protokolle der Weisen von Zion auf, an deren Entstehung Simonini maßgeblich beteiligt ist.



