Harry Potter und die Kammer des Schreckens

Joanne K. Rowling, Harry Potter und die Kammer des Schreckens, 1999
Joanne K. Rowling, 1999

Heute feiern wir einen run­den Ge­burts­tag. Har­ry Pot­ter, Sohn von Li­ly und Ja­mes, Pa­ten­sohn von Si­ri­us Black und wich­tigs­ter Wi­der­sa­cher des dunk­len Lord Vol­de­mort wird näm­lich drei­ßig. Viel­leicht er­in­nert sich Har­ry heu­te da­ran, was acht­zehn Jah­re zu­vor ge­schah? Die Fans des be­rühm­tes­ten Zau­ber­lehr­lings seit Goe­thes Bal­la­de aus dem Jahr 1797 wis­sen es be­stimmt noch. Denn auf den ers­ten Sei­ten des zwei­ten Ro­man­ban­des Harry Potter und die Kammer des Schreckens wird der zwölf­te Ge­burts­tag des Jun­gen fol­gen­der­ma­ßen be­schrie­ben:

Tra­di­tions­ge­mäß ig­no­rie­ren Har­rys On­kel Ver­non und Tan­te Pe­tu­nia den Ge­burts­tag ih­res Nef­fen. Doch we­gen un­er­war­te­ten Be­suchs durch einen Haus­el­fen namens Dob­by, der Har­ry des­sen Rück­kehr an die Zau­be­rer­schu­le Hog­warts aus­re­den will, en­det noch am glei­chen Abend ein wich­ti­ges Ge­schäfts­es­sen von On­kel Ver­non in einer gran­dio­sen Ka­tas­tro­phe. Har­ry wird zur Stra­fe ein­ge­sperrt. Erst sein Freund Ron und des­sen Brü­der be­frei­en den Jun­gen mit Hil­fe eines flie­gen­den Autos aus der Iso­la­tions­haft am Li­gus­ter­weg.

Harry Potter und die Kammer des Schreckens – Wie geht es weiter?

Einen sol­chen Geburts­tag ver­gisst man gewiss sein Leben lang nicht. Auch wenn er nur den Auf­takt zu einem tur­bulen­ten zwei­ten Schul­jahr Har­rys bil­dete. Ein Zau­ber am Bahn­hof King’s Cross ver­hin­dert, dass Ron und sein bes­ter Freund an Gleis 9¾ den Hog­warts-Ex­press errei­chen. Die bei­den beschlie­ßen, sich das flie­gende Auto von Rons Vater zu bor­gen, um dem ver­pass­ten Zug zu fol­gen. Natür­lich endet diese alter­na­tive Anreise im Chaos, die Jungs schram­men nur knapp am Schul­ver­weis vor­bei.

Auch fol­gen erwar­tungs­ge­mäß wei­te­rer Stress mit Har­rys Erz­fein­den an der Schule, Draco Mal­foy und Pro­fes­sor Snape. Wirk­lich pro­ble­ma­tisch jedoch ent­wi­ckelt sich das Jahr für Harry erst, als bekannt wird, dass er – wie einst der Grün­der des Schul­hau­ses Sly­the­rine – die Spra­che der Schlan­gen beherrscht, und als kurz darauf meh­rere Schü­ler ver­stei­nert wer­den. Der unbe­kannte Übel­täter bezeich­net sich in Beken­ner­schrei­ben selbst als den „Erben Sly­the­ri­nes“ und Schlan­gen­zunge Harry wird deshalb ver­däch­tigt, seine Mit­schü­ler ange­grif­fen zu haben. Zudem ver­nimmt er immer wie­der zi­schende Stim­men, die seine Freunde Ron und Her­mine nicht hören kön­nen.

Als schließ­lich Rons Schwes­ter Ginny von die­sem Erben ent­führt wird, kommt es zum Show­down. Mehr mag ich hier nicht ver­ra­ten. Wer unbe­dingt wei­tere Details wis­sen will, kann solche im Spoi­ler nach­le­sen.

Spoiler aufklappen

Ursa­che des gan­zen Auf­he­bens um den Erben Sly­the­ri­nes ist das alte Tage­buch eines gewis­sen Tom Riddle. Die­ses Tage­buch hatte Dra­cos Vater, Lucius Mal­foy, Rons Schwes­ter unbe­merkt zwi­schen ihre Schul­bü­cher gesteckt. Ginny hatte darauf­hin einen magi­schen Dia­log mit die­sem Riddle auf­genom­men. Dabei ergriff der Kerl von Ginnys Bewusst­sein Besitz und ließ das Mäd­chen ein schlan­gen­arti­ges Mons­ter befreien, das fünf­zig Jahre zuvor tief unter dem Schloss von eben die­sem Riddle ein­ge­sperrt wor­den war.

Das rie­sige Schlan­gen­mons­ter ist ein soge­nann­ter Basi­lisk, der nicht nur über spitze Gift­zähne ver­fügt, son­dern darü­ber hin­aus auch durch den blo­ßen Blick sei­ner Augen töten kann. Harry steigt hinab in die Tiefe unter dem Schloss, wo er Tom Riddle, die leb­lose Ginny und den Basi­lis­ken auf­spürt.

Kampf der magischen Reliquien

Mit zwei Hel­fern, die ihm Pro­fes­sor Dum­ble­dore zur Unter­stüt­zung nach­schickt, gelingt es Harry Pot­ter, aus der aus­weg­los schei­nen­den Situa­tion zu ent­kom­men: Da ist zum Ers­ten der Feuer­vo­gel Faw­kes, der dem Basi­lis­ken die Augen aus­hackt, so dass des­sen töd­li­cher Blick Harry nichts anha­ben kann. Und zum Zwei­ten erscheint das Schwert von God­ric Gryf­fin­dor, das der Held dem Mons­ter in den Rachen rammt und dadurch tötet.

Als darauf­hin der toben­de Riddle selbst Harry mit einem Todes­fluch umbrin­gen will, stößt Pot­ter einen abge­bro­che­nen Gift­zahn des Basi­lis­ken in das alte Tage­buch, das alles Übel erst aus­ge­löst hatte. Der Zahn bricht den Zau­ber des Tage­bu­ches, Tom Riddle löst sich in Rauch auf und Ginny kehrt zurück unter die Leben­den.

Lord Voldemorts Seele

Wem sie da entron­nen sind, erfährt Harry erst im Nach­gang: Tom Vor­lost Riddle war einst Vor­zei­geschü­ler an Hog­warts. Durch Ver­tau­schen der Buch­sta­ben sei­nes Namens ergibt sich der Halb­satz „… ist Lord Vol­de­mort“. Wie wir gegen Ende der Roman­se­rie erfah­ren, war das Tage­buch einer der berüch­tig­ten sie­ben Hor­kruxe, in denen der fins­tere Lord Vol­de­mort vor lan­ger Zeit jeweils ein Ach­tel sei­ner Seele ver­steckt hatte, um so unsterb­lich zu wer­den. Riddles Tage­buch ist also der erste Hor­krux, den Harry zer­stört. Wäre dies nicht gelun­gen, so wäre Vol­de­mort bereits am Ende des zwei­ten Ban­des zurück­ge­kehrt.

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Spoiler verbergen

Harry Potter und die Kammer des Schreckens – Über die Magie der Geschichte

Wie gesagt, es han­delt sich hier um den zwei­ten Band der sie­ben­tei­li­gen Roman­se­rie Joanne Row­lings. Im ers­ten Buch, Harry Pot­ter und der Stein der Wei­sen, tauch­ten wir ein in die bis dahin unbe­kannte Welt der Zau­be­rei und Magie: Anfangs weiß selbst der Held nicht mehr als die Lese­r¦in­nen. Und plötz­lich steckt er in einer Schule für ange­hen­de Zau­be­rer, lernt Besen­flie­gen und Zau­ber­sprü­che, fin­det Freunde und macht sich Feinde.

Die zweite Folge der Ge­schich­te lehrt Harry und auch uns so eini­ges mehr über die Hin­ter­gründe die­ser Zau­berer­welt. Ins­beson­dere die Ras­sen­theo­rie, die sich als Ursprung allen Zwists zwi­schen Magiern erweist, ver­tieft die Auto­rin in die­sem Band. Wir erfah­ren, dass sich viele Zau­berer­fami­lien, die über Jahr­hun­derte ihr rei­nes magi­sches Blut bewahrt haben, für bes­ser hal­ten als „Halb­blü­ter“, deren Eltern halb Zau­be­rer, halb Mug­gel sind. Oder gar als „Schlamm­blü­ter“, die aus rei­nen Mug­gel­fami­lien stam­men, aber den­noch eine magi­sche Bega­bung haben.

Planungsgenie

Bereits die­sem zwei­ten Teil merkt man an, wie kon­se­quent und fol­gerich­tig die Auto­rin die gesamte Ge­schich­te geplant hat. Denn die Ras­sen­theo­rie, deren böse Seite Vol­de­mort ver­kör­pert, wird noch eine gewich­tige Rolle spie­len. Und auch das zunächst unschein­bar wir­kende Tage­buch des Schwarz­ma­giers wird sich als Teil einer gut aus­gedach­ten Begrün­dung für das uner­klär­li­che Über­le­ben Harry Pot­ters im Ange­sicht sei­nes ver­hin­der­ten Mör­ders Vol­de­mort ent­pup­pen, das der gesam­ten Ge­schich­te vor­aus­geht und zugrun­de­liegt.

Harry Potter und die Kammer des Schreckens – Bewertung

Man könnte der Auto­rin womög­lich vor­hal­ten, der zweite Teil der Pot­ter­se­rie sei nichts ande­res als eine Kopie des ers­ten Ban­des: Jung­zau­be­rer ent­kommt sei­ner üblen, nicht-magi­schen Ver­wandt­schaft, blüht an der Hexe­rei­schule auf und wehrt sich dort erfolg­reich gegen sei­nen bös­arti­gen Ver­fol­ger, der ihm jedes Mal nach dem Leben trach­tet und doch wie­der schei­tert. In der Tat, in Hin­blick auf die Rah­men­hand­lung, wirkt die Kam­mer des Schre­ckens wie eine Varia­tion des Steins der Wei­sen.

Da liegt natür­lich die Befürch­tung nahe, die Roman­se­rie könnte sich als Dauer­schleife eines immer glei­chen Plots ent­pup­pen. Doch im dritten Teil, mit dem Gefan­ge­nen von Aska­ban, beweist Joanne Row­ling, dass diese Befürch­tung nicht ein­tritt. Das bereits ange­spro­chene Pla­nungs­ge­nie der Auto­rin ver­hin­dert, dass die Serie zu einer Folge von Gro­schen­roma­nen verkommt.

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Hat Dir diese Buch­bespre­chung gefal­len? Dann inte­res­sierst Du Dich viel­leicht auch für meine Rezen­sio­nen zu den ande­ren sechs Harry-Pot­ter-Roma­nen? Du fin­dest sie auf mei­ner Auto­ren­seite über Joanne K. Row­ling.

Fazit:

Die bei­den ers­ten Bände der Harry-Pot­ter-Se­rie waren vor dem Jahr­tau­send­wech­sel noch nicht die Ver­kaufs­schla­ger, zu der sich die Roman­se­rie nur wenige Jahre spä­ter ent­wi­ckeln sollte. Wahr­schein­lich hat auch jeder Fan der zau­ber­haf­ten Ge­schich­ten Frau Row­lings seine eige­nen Lieb­lings­fol­gen. Aus mei­ner Sicht bie­tet Harry Potter und die Kammer des Schreckens solide Unter­hal­tung, packende Span­nung und darü­ber hin­aus einige wich­tige Details, die sich aller­dings erst in den Nach­fol­gebän­den als ge­schichts­tra­gend erwei­sen.

Deshalb bekommt die Schreckenskammer von mir auch grundsolide drei von fünf möglichen Bewertungssternen verliehen.

Joanne K. Rowling: Harry Potter and the Chamber of Secrets
| Harry Potter und die Kammer des Schreckens
🇬🇧 Bloomsbury Publishing, 1998
🇩🇪 Carlsen Verlag, 1999

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