Meine ganz persönlichen Lesempfehlungen
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Das wilde Kind

T. C. Boyle, Das wilde Kind, 2010
T. C. Boyle, 2010

Meyers Großes Taschenlexikon von 1983 bezeichnet Kinder, die in jungen Jahren eine Zeit lang isoliert von anderen Menschen aufwuchsen, als Wolfskinder. Der US-amerikanische Schriftsteller T. C. Boyle hat zwischen seinen Romanen Die Frauen und Wenn das Schlachten vorbei ist eine nur hundert Textseiten lange Novelle mit dem Titel Das wilde Kind veröffentlicht. Es handelt sich um eine biografische Erzählung über Victor von Aveyron, der Ende des 18. Jahrhunderts in Südfrankreich beobachtet und schließlich „eingefangen“ werden konnte.

In seiner Version der Geschichte bleibt Boyle ziemlich eng an der Überlieferung, wie man sie auf der Wikipediaseite über den Link oben nachlesen kann. Doch wie zu erwarten, macht er aus der eher dürren Faktenlage eine abwechslungsreiche Erzählung, indem er Ausgedachtes hinzufügt; stets nach dem Grundrezept vieler seiner biografischen Romane: Ob es sich tatsächlich so zugetragen hat, wissen wir nicht. Aber es hätte zumindest genau so sein können.

→ weiterlesen

Claudia Magerl

Claudia MagerlClaudia Magerl (61) wurde in Mannheim geboren. Im Alter von sechs Jahren zog sie mit ihren Eltern und ihrem Bruder nach Südamerika – zuerst nach Montevideo (Uruguay), später nach Quito (Ecuador), wo ihr Vater als Lehrer tätig war. An der Jesuitenuniversität in Quito studierte sie ab 1982 vier Semester spanische Lite­ra­tur- und Sprachwissenschaften. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland begann sie zunächst ein Studium der Romanistik, Ägyptologie und Geografie an der Universität Heidelberg. Dann wechselte sie an die FH Heilbronn und schloss dort 1990 ein Studium der Tou­ris­tik-Be­triebs­wirt­schaft ab.

Vier Jahre arbeitete sie in der Tourismusbranche, 1994 zog es sie aber doch wieder ins literarische Fach. Seitdem ist sie als Journalistin und Redakteurin für diverse Medien, seit 2009 auch als Schriftstellerin tätig.

→ weiterlesen

22 Bahnen

Caroline Wahl, 22 Bahnen, 2023
Caroline Wahl, 2023

Die Autorin Caroline Wahl ist erst achtundzwanzig Jahre alt und hat mit ihrem Romanerstling 22 Bahnen einen Überraschungstreffer gelandet. Wahl wurde in Mainz geboren, wuchs in der Nähe von Heidelberg auf, hat Deutsche Literatur studiert und lebt seit einem Jahr im rauen Norden in Rostock. Geschrieben hat sie ihre Romangeschichte während eines Arbeitsaufenthaltes in Zürich. Abends nach dem Job setzte sie sich an den Schreibtisch und tippte sich in nur drei Monaten durch den Text. In einem Interview mit dem NDR erklärte Caroline Wahl, ihr Roman sei keineswegs autobiografisch. Distanz zwischen ihrem Werk und der eigenen Vergangenheit sei ihr wichtig gewesen. Inzwischen schreibt sie in Rostock an ihrem zweiten Roman. „Es gibt wenige Sachen, die mich so erfüllen. Ob ich jetzt eine erfolgreiche oder unerfolgreiche Autorin werde, weiß ich nicht. Aber ich werde eine Autorin bleiben und bin darüber sehr glücklich.“

In Wahls Geschichte geht es um den Anspruch auf Selbstbestimmung der beiden Schwestern Tilda und Ida, die bei ihrer alkoholkranken Mutter in einer namenlosen Kleistadt leben. Tilda ist Mathematikstudentin, jobbt nebenbei bei Edeka an der Kasse und kümmert sich um ihre jüngere Schwester. Fast täglich 22 Bahnen im Schwimmbad hat sich die junge Frau selbst auferlegt, weil: „Ich habe einen strikten Zeitplan, in den ein in 3 von 4 Fällen nicht funktionierender Körper einfach nicht reinpasst.“ (Seite 9)
Die einzigen Momente des Tages, die Tilda allein gehören, sind die Augenblicke vor dem Einschlafen. „Wenn ich nachts auf meiner Matratze liege, dann denke ich, dass ich das Ganze da draußen noch lange aushalten kann. […] Gegen meine Mutter, gegen ihre Launen, gegen diese Kleinstadt. Und für Ida.“ (Seite 15)

→ weiterlesen

Cookie-Hinweis