Backflash Zufallsrezension: Jeden Sonntag eine neu & zufällig ausgewählte Buchbesprechung aus der Vergangenheit — Gute Bücher altern nicht!
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Fleischeslust

T. C. Boyle, Fleischeslust, 2001
T. C. Boyle, 1999

Ich staune ja über das sehr unterschiedliche Arbeitstempo erfolgreicher Schriftsteller. Da ist zum Beispiel Uwe Tellkamp, dieses One-Hit-Wonder der deutschen Literatur in den Nullerjahren. Der braucht zehn und mehr Jahre, um einen einzigen Roman zu veröffentlichen. Andere, wie etwa  T. C. Boyle, hauen über Dekaden hinweg regelmäßig alle zwei Jahre einen Roman raus. Diese werden alle trotz ihrer relativ kurzen Entstehungszeit keinewegs und niemals als Trivialliteratur abgekanzelt. Und zwischendurch veröffentlichen sie auch noch Bände mit Kurzgeschichten, in sich geschlossenen Erzählungen, die alle nur ein paar Seiten lang sind und vermutlich eine Art von Abfallprodukten aus literarischen Ansätzen für nicht romantaugliche Texte darstellen. Und dennoch veröffentlicht und erfolgreich vermarktet werden.

Der erste solcher boyleschen Erzählbände, den ich zu Lesen bekam, war Fleischeslust aus dem Jahr 1999. Das Bändchen mit schlanken 290 Textseiten wurde 1994 im englischen Original mit dem Titel Without a Hero zwischen den Romanen Willkommen in Wellville und América (dem dritten und vierten Roman des Schriftstellers) veröffentlicht.

Es handelt sich um eine Sammlung von 15 Kurzgeschichten, die sich mit grotesken Auswüchsen westlicher Gesellschaften befassen, insbesondere der US-ame­ri­ka­ni­schen. Ein gruseliges Kompendium zum Zustand der glorreichen Vereinigten Staaten von Amerika.

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Die Terranauten

T. C. Boyle, Die Terranauten, 2017
T. C. Boyle, 2017

Kann es eine künstliche Welt geben, in der man überleben kann? Einen hermetisch abgeschlossenen Raum, in dem sich Flora und Fauna – einschließlich einiger Menschen – aufhalten und weiterentwickeln können? Nichts rein, nichts raus, sobald die künstliche Welt einmal verschlossen wurde? Hört sich das nach Besiedelungsplan für autarke Raumschiffe, für Pionierstützpunkte auf fremden Planeten an? Oder mehr nach Dschungelcamp-Soap unter verschärften Bedingungen? – In seinem sechzehnten Roman, Die Terranauten, der im Original 2016 veröffentlicht wurde, schreibt T. C. Boyle über ein wissenschaftliches Experiment, in dem vier Frauen und vier Männer zwei Jahre lang in einer künstlich angelegten Welt unter einer Glaskuppel (über)leben sollen.

Die Romanidee, die sich absurd anhören mag, hat sich Boyle jedoch nicht selbst aus den Gehirnwindungen gewrungen. Bereits ein Vierteljahrhundert vor der Romanveröffentlichung hatte genau dieses Experiment tatsächlich stattgefunden. Gut vierzig Kilometer nördlich der Stadtgrenze von Tucson im US-Bundesstaat Arizona, in den Santa Catalina Mountains, ließ Ende der Achtzigerjahre der Milliardär Edward Bass einen riesigen Kuppelbau errichten.

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Wassermusik

T. C. Boyle, Wassermusik, 1987
T. C. Boyle, 1987

Es kann dauern. Aber wenn einem ein Autor gefällt, dann landet man unweigerlich irgendwann bei seinem Erstling. Und so bin ich als „hard-boiled“ Fan von T. C. Boyle jetzt bei Wassermusik angekommen, einem Roman, der inzwischen über vierzig Jahre alt ist und dessen deutsche Erstübersetzung auch nur fünf Jahre jünger ist. Die Geschichte über den britischen Afrikareisenden Mungo Park ist eine Art Entwurf für viele spätere Boyle-Ro­mane. Er hat den US-Schrift­stel­ler weltbekannt gemacht. Allerdings habe ich nicht die Originalübersetzung aus dem Rogner & Bernhard Verlag gelesen, sondern eine Neuübersetzung durch den boyleschen Haus-und-Hof-Dol­­met­­scher Dirk van Gunsteren aus dem Jahr 2014. (Und dann auch noch im Urlaub als E-Book statt auf Papier.)

Mungo Park, die historische Hauptfigur in Wassermusik, wurde 1771 in Schottland geboren. Er verstarb im Alter von 35 Jahren während seiner zweiten Expedition zum und auf dem nordwestafrikanischen Fluss Niger, dessen Verlauf er erkunden wollte. Doch mit einer spröden oder meinetwegen sachlichen Abenteurerbiografie begnügt sich T. C. Boyle wie immer nicht. Er bietet seiner Leserschaft zwei weitere Handlungsstränge: einen naheliegenden, nämlich die Geschichte der in Großbritannien verbliebenen Verlobten und späteren Frau Parks, Allison a. k. a. Ailie; und eine dritte Erzählung um einen Glücksritter namens Ned Rise, dessen Geschichte sich erst spät mit der des Afrikaforschers Park verknüpft. – Alles in allem eine aberwitzige Erzählung, nach deren Muster noch viele weitere Boyle-Ro­­ma­ne folgen sollten.

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