Ich staune ja über das sehr unterschiedliche Arbeitstempo erfolgreicher Schriftsteller. Da ist zum Beispiel Uwe Tellkamp, dieses One-Hit-Wonder der deutschen Literatur in den Nullerjahren. Der braucht zehn und mehr Jahre, um einen einzigen Roman zu veröffentlichen. Andere, wie etwa T. C. Boyle, hauen über Dekaden hinweg regelmäßig alle zwei Jahre einen Roman raus. Diese werden alle trotz ihrer relativ kurzen Entstehungszeit keinewegs und niemals als Trivialliteratur abgekanzelt. Und zwischendurch veröffentlichen sie auch noch Bände mit Kurzgeschichten, in sich geschlossenen Erzählungen, die alle nur ein paar Seiten lang sind und vermutlich eine Art von Abfallprodukten aus literarischen Ansätzen für nicht romantaugliche Texte darstellen. Und dennoch veröffentlicht und erfolgreich vermarktet werden.
Der erste solcher boyleschen Erzählbände, den ich zu Lesen bekam, war Fleischeslust aus dem Jahr 1999. Das Bändchen mit schlanken 290 Textseiten wurde 1994 im englischen Original mit dem Titel Without a Hero zwischen den Romanen Willkommen in Wellville und América (dem dritten und vierten Roman des Schriftstellers) veröffentlicht.
Es handelt sich um eine Sammlung von 15 Kurzgeschichten, die sich mit grotesken Auswüchsen westlicher Gesellschaften befassen, insbesondere der US-amerikanischen. Ein gruseliges Kompendium zum Zustand der glorreichen Vereinigten Staaten von Amerika.