T. C. Boyle, eine Lesereise

T. C. BoyleThomas Coraghessan Boyle (75) wurde drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Städtchen Peekskill¹, wenige Kilometer nördlich von New York City geboren. Er wuchs mit seiner eineinhalb Jahre jüngeren Schwester Kathleen Elizabeth († 2019)² im Haushalt katho­lisch-gläu­bi­ger, alkoholkranker Eltern auf und schaffte nur mit Ach und Krach den High-School-Abschluss. Ein Studium der Fächer Englisch und Geschichte schloss er ’68 an der State University of Potsdam New York mit einem Bachelorabschluss ab, nachdem sein Versuch einer Musikerkarriere als Saxophonist gescheitert war. Fast zehn Jahre später erwarb er einen Doktortitel in Englischer Literatur des neunzehnten Jahrhunderts an der University of Iowa.

Seit 1987 ist Boyle Professor für Englisch – inzwischen emeritiert – an der University of South California. Im Jahr 2009 wurde der Autor als Mitglied in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen. Seine Karriere als einer der bekanntesten und erfolgreichsten US-ame­ri­ka­ni­schen Schriftsteller begann 1982 mit der Veröffentlichung seines ersten Romans mit dem Titel Wassermusik. Den brachte er drei Jahre nach seiner allerersten Publikation, dem kurzen Erzählband Tod durch Ertrinken, heraus. Inzwischen wurden seine Bücher in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt, einige seiner Geschichten wurden verfilmt.

T. C. Boyle – Persönliche Details

Boyle ist mit seiner Frau Karen seit 1974 verheiratet, die beiden haben drei Kinder: Kerrie, Milo und Spencer. Zunächst lebte das Paar in Los Angeles, doch seit 1993 bewohnen die Boyles das George-C.-Stewart-House, eines der Prairie Houses des exzentrischen Architekten Frank Lloyd Wright. Das Haus wurde im Jahr 1909 größtenteils aus Holz erbaut und steht in der Ortschaft Montecito, knapp 100 Kilometer nordwestlich von LA in unmittelbarer Nachbarschaft zu Santa Barbara. Die Boyles haben ihrem Haus den Namen Butterfly Wood gegeben; wegen der Monarchfalter, denen der Schriftsteller wenigstens auf seinem Grund und Boden möglichst gute Überlebensmöglichkeiten zu bieten versucht.

Dass Boyle sich den zweiten Vornamen mit der Initiale C im Alter von 17 selbst im Tausch gegen John zulegte; dass er scharfzüngiger Verfechter liberaler Werte ist, umweltpolitisch äußerst wach und selbst aktiver Umweltschützer sowie überzeugter Vegetarier; dass er über seine drei Kinder bereits Enkel hat; dass er mittlerweile seit einem Vierteljahrhundert zwischen seine Romanveröffentlichungen immer wieder Sammelbände mit Kurzgeschichten einstreut; das und noch vieles mehr findet man im Internet an sehr vielen verschiedenen Stellen. (In den Fußnoten auf dieser Seite finden sich dazu einige Links, die ich bemerkenswert finde.³)

Bedeutung und Rezeption

Thomas Coraghessan Boyle(T. C. Boyle) wird mitunter mit Charles Dickens oder John Updike verglichen. Manchen gilt er hingegen eher als Punk oder Rockstar. Bizarre Metaphern und Wendungen sind ein Markenzeichen seiner Prosa. Und so wie seinem Mentor John Irving, bei dem Boyle in Iowa das Schreiben lernte, gelingt es ihm, aus Katastrophen seine rabenschwarzen Geschichten zu machen, die die Leser auf einem schmalen Grat zwischen Posse und Drama balancieren lassen.

Auf seine eigene, kunstvoll-bilderreiche Art wirkt der immer „casual“ gekleidete Boyle als Protagonist und Verfechter der Menschenrechte, denn ein Großteil seiner Prosa gilt benachteiligten Personen und Outsidern, verwundbaren Minderheiten und der gefährdeten Umwelt.
(Wiener Zeitung, 2018)

Der Autor ist bekannt für sein außergewöhnliches Erzähltalent, mit dem er selbst banale Begebenheiten in erstaunliche Phänomene verwandelt. Seine his­to­risch-bio­gra­phi­schen Romane sind längst legendär. Kritiker monieren, Boyle überdosiere gerne das Bizarre in seinen Geschichten. Ja, man muss das mögen. Und ich mag es sehr.

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T. C. Boyle – Meine Lesereise

Im Sommer 2023, zwei Jahrzehnte nach der Lektüre meines ersten Boyle-Romans, habe ich mich auf den Weg gemacht, möglichst alle seine Bücher zu lesen und womöglich sogar auch alle hier zu besprechen. Wir werden sehen, was aus dieser Lesereise wird. [Nachtrag Januar 2024] Inzwischen habe ich Rezensionen zu allen Romanen Boyles fertiggestellt. Nun muss ich noch die fehlenden Erzählbände nachliefern.

Alle Romane T. C. Boyles, die ich hier besprochen habe:

  1. Water Music (1982) | Wassermusik (1987)
  2. Budding Prospects (1984) | Grün ist die Hoffnung (1990)
  3. World’s End (1987) | World’s End (1989)
  4. East is East (1990) | Der Samurai von Savannah (1992)
  5. The Road to Wellville (1992) | Willkommen in Wellville (1993)
  6. The Tortilla Curtain (1995) | América (1996)
  7. Riven Rock (1998) | Riven Rock (1998)
  8. A Friend of the Earth (2000) | Ein Freund der Erde (2001)
  9. Drop City (2003) | Drop City (2003)
  10. The Inner Circle (2004) | Dr. Sex (2005)
  11. Talk Talk (2006) | Talk Talk (2006)
  12. The Women (2009) | Die Frauen (2009)
  13. When the Killing’s Done (2011) | Wenn das Schlachten vorbei ist (2012)
  14. San Miguel (2012) | San Miguel (2013)
  15. The Harder They Come (2015) | Hart auf Hart (2015)
  16. The Terranauts (2016) | Die Terranauten (2017)
  17. Outside Looking In (2019) | Das Licht (2019)
  18. Talk to Me (2021) | Sprich mit mir (2021)
  19. Blue Skies (2023) | Blue Skies (2023)

Alle Erzählbände T. C. Boyles, die ich hier besprochen habe:

  • Descent of Man (1979) | Tod durch Ertrinken (1995)
  • Without a Hero (1994) | Fleischeslust (1999)
  • After the Plague (2002) | Schluss mit cool (2002)
  • Tooth and Claw (2005) | Zähne und Klauen (2008)
  • Novelle: Wild Child (2010) | Das wilde Kind (2010)
  • 2011–2017 | Sind wir nicht Menschen (2020)

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Fußnoten:

¹ — In einigen seiner Geschichten schreibt Boyle auch über seinen Geburtsort am Hudson River, ändert dabei allerdings den Namen des Städtchens in Peterskill ab: „Mein Macondo“, sagt der Autor in Anspielung auf Gabriel García Márquez‘ Roman Hundert Jahre Einsamkeit, „es steht für Peekskill.“
So hat Star aus Drop City als Lehrerin in Peterskill gearbeitet, auch ihr Jugendfreund Ronnie stammt aus dem gleichen Ort. Der Heimatort des Betrügers Wilson aus Talk Talk ist ebenfalls Peterskill, und Dana begibt sich auf der Suche nach ihm eben dorthin. Felix und Phil aus Grün ist die Hoffnung wuchsen in Boyles Heimat auf. Das Ehepaar Lightbody und Charlie Ossining aus Willkommen in Wellville stammt aus dem Ort am Hudson River. Und die Handlung des Romans World’s End spielt sich fast vollständig in Peterskill und Umgebung ab.

² — Wer hier wie so viele nach einer Suchanfragen zur Schwester des Schriftstellers, Kathleen Elizabeth Boyle, gelandet ist, findet im Folgenden nach einem Klick ihre Traueranzeige. Die Originalquelle ist nämlich für Besucher aus Europa gesperrt:

Kathys Nachruf ansehen

Todesanzeige | Kathleen Elizabetz (Boyle) Tufts

19. Juni 1950 – 15. Februar 2019

Kathy Tufts verstarb im Alter von 68 Jahren unerwartet im Schlaf und wird von allen vermisst, die sie kannten und um die sie sich kümmerte. Sie wurde in Peekskill, New York, geboren und machte ihren Abschluss an der Lakeland High School im nahe gelegenen Shrub Oak. Danach schloss sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester am Rockland Community College ab und widmete ihr Leben der Krankenpflege. Sie war freundlich und aufgeschlossen, immer fröhlich und eine Quelle von Einfühlungsvermögen und Fürsorge für die älteren Patienten, die sie in ihren letzten Jahren vor ihrer Rente betreute. Nach der Pensionierung heiratete sie ihren Seelenverwandten, Paul Tufts, dessen Liebe zu ihr ihr Leben erhellte. Sie hinterlässt Paul, ihren Bruder T. C. Boyle, ihre Nichte Kerrie Kvashay Boyle, ihre Neffen Mile und Spencer Boyle und ihre Großnichte Olivia Rae Boyle.

(Quelle: The Miner, Kingman Arizona, 21.02.2019)

Screenshot Traueranzeige Kathleen Elizabeth Boyle

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³ — Linksammlung zu T. C. Boyles Leben und Werk:

— Einzelveröffentlichungen in verschiedenen US-ame­ri­ka­ni­schen Zeitungen und Zeitschriften

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