Auf der Suche nach Lesestoff?❤Hier findest Du Buchbesprechungen mit Anspruch aber ohne Allüren. Ich schreibe meist über belletristische Titel; über solche, die mir gefallen oder auch mal nicht gefallen haben; manchmal Mainstream, manchmal abseits der ausgetretenen Pfade. (Persönliche Empfehlungen und ein paar Worte zu diesem Projekt gibt’s ganz unten auf dieser Seite.)
Im Jahr 2023 wird der Ingeborg-Bachmann-Preis an Valeria Gordeev (37) verliehen. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und gilt als eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen im deutschen Sprachraum. Er wird seit 1977 von der Stadt Klagenfurt während der Tage der deutschsprachigen Literatur vergeben.
Gordeev erhält den Preis für ihren Text über einen Mann mit Putzwahn: Er putzt. (Auszug und Links siehe unten.) Mit nur einem Punkt Vorsprung hat sich die Autorin damit in einer Stichwahl von der Zweitplatzierten Anna Felnhofer abgesetzt.
Manche Literaturkritiker stehen auf dem Standpunkt, biografische Romane seien etwas für schriftstellerische Anfänger. Weil diese mit einem vorgegebenen Tatsachengerüst den Mangel an eigenem, fiktiven Geschichtenmaterial kaschieren könnten. Seit nunmehr vier Dekaden beweist T. C. Boyle regelmäßig, dass eine solche Verallgemeinerung falsch ist. In seinem vierzehnten Roman schreibt der US-amerikanische Meister der Erzählkunst über die Schicksale dreier Frauen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten um den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts auf der einsamen kleinen Insel San Miguel vor der kalifornischen Küste landen: über die schwindsüchtige Marantha, die ihrem Mann folgt, weil sie sich Besserung ihres Gesundheitszustandes erhoffen; über Maranthas Adoptivtochter Edith; und über die einstige Großstadtbibliothekarin Elise, die schließlich auf San Miguel glückliche Jahre verbringt.
Zugegeben, dieser Abriss hört sich nicht zwingend nach einem literarischen Meisterwerk an. Zumal Boyle auch noch erklärt, er habe sich weitgehend an historisches Material aus dem neunzehnten Jahrhundert gehalten. Wie kann da noch Platz für Spannung oder wenigstens Unerhörtes sein? Doch zumindest meine Zweifel an der Lesbarkeit der Geschichten, gegen jegliche Anwandlung von Langeweile, hat der Autor schnell und gründlich zerstreut.
Thomas Coraghessan Boyle (74) wurde drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Städtchen Peekskill¹, wenige Kilometer nördlich von New York City geboren. Er wuchs mit seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Kathleen Elizabeth († 2019) im Haushalt alkoholkranker, katholisch-gläubiger Eltern auf und schaffte nur mit Ach und Krach den High-School-Abschluss. Ein Studium der Fächer Englisch und Geschichte schloss er ’68 an der State University of New York mit einem Bachelorabschluss ab, nachdem sein Versuch einer Musikerkarriere als Saxophonist gescheitert war. Fast zehn Jahre später erwarb er einen Doktortitel in Englischer Literatur des neunzehnten Jahrhunderts an der University of Iowa.
Seit 1987 ist Boyle Professor für Englisch – inzwischen emeritiert – an der University of South California. Im Jahr 2009 wurde der Autor als Mitglied in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen. Seine Karriere als einer der bekanntesten und erfolgreichsten US-amerikanischen Schriftsteller begann 1982 mit der Veröffentlichung seines ersten Romans mit dem Titel Wassermusik, den er drei Jahre nach seiner allerersten Publikation, dem kurzen Erzählband Tod durch Ertrinken, herausbrachte.