Backflash Zufallsrezension: Jeden Sonntag eine neu & zufällig ausgewählte Buchbesprechung aus der Vergangenheit — Gute Bücher altern nicht!
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

América

T. C. Boyle, América, 1996
T. C. Boyle, 1996

The Tortilla Curtain lautet der englische Originaltitel des sechsten Romans von T. C. Boyle. Mit diesem „Tortillavorhang“ ist die durchlässige Grenze zwischen den USA und Mexiko gemeint, über die seit Jahrzehnten verzweifelte illegale Einwanderer in das wohlhabende Nachbarland im Norden strömen, um sich ihren Traum von der Beteiligung am US-ame­ri­ka­ni­schen Wohlstand zu erfüllen. In der deutschen Übersetzung erhielt die Geschichte den Titel América. Und in diesem Fall bin ich mir nicht sicher, welche Betitelung die bessere ist. Denn mit „América“ ist natürlich einerseits der Traum vom besseren Leben in Nordamerika gemeint. Aber gleichzeitig ist es auch der Vorname einer der vier Hauptpersonen der Romangeschichte. Boyles Erzählung handelt von zwei Paaren, einem bitterarmen mexikanischen und einem arrivierten nordamerikanischen, deren Wege das Schicksal aneinanderknüpft.

Eine trostlose, apokalyptische Geschichte legt uns der Autor vor. Doch auch wenn der Text inzwischen fast dreißig Jahre alt ist, hat er an Aktualität nichts eingebüßt. Noch immer existiert der Tortillavorhang, den der unsägliche Ex-Prä­si­dent Trump erst vor wenigen Jahren mit dem Bau einer Grenzmauer zu Mexiko schließen wollte. Und in Europa haben wir mit Asylsuchenden aus Nordafrika ein sehr ähnliches Problem zu bewältigen. Mit seiner Erzählung beweist Boyle, dass seine Themen, die er seit Jahrzehnten beackert, Dauerbrenner sind: Die Beziehung zwischen Mensch und Natur sowie zwischenmenschliche und gesellschaftliche Katastrophen waren, sind und bleiben aktuell.

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Die Frauen

T. C. Boyle, Die Frauen, 2009
T. C. Boyle, 2009

Er nannt ihn Wrieto-San. – Der Erzähler in T. C. Boyles zwölftem Roman mit dem Titel Die Frauen heißt Tadashi Sato, ist Japaner und Mitarbeiter einer historischen Figur der amerikanischen Geschichte: nämlich des Ausnahmearchitekten, Sozialchaoten und notorischen Schuldners Frank Lloyd Wright (1867–­1959). Der biografische Roman behandelt die Lebensgeschichte von „Wrieto-San“, einem erklärten Anhänger der japanischen Kultur und einem unverbesserlichen Schürzenjäger. Im Zentrum der Geschichte stehen deshalb Wrights Ehefrauen und Geliebte, die ihn zeitlebens umgaben. Der Romantext endet in direkter Rede mit einer ebenso nachdenklich stimmenden wie skurrilen Bemerkung:

„Der arme Mann“, dachte sie. „Der arme, arme Mann.“
(Seite 557)

Die Frauen erschien im Original 2009, drei Jahre nach Talk Talk und zwei vor Wenn das Schlachten vorbei ist.

Es nimmt übrigens kaum wunder, dass sich Boyle der Figur dieses Stararchitekten des angehenden zwanzigsten Jahrhunderts angenommen hat. Schließlich bewohnen er selbst und seine Familie seit mittlerweile dreißig Jahren eines der Häuser, die Frank Lloyd Wright seinerzeit entworfen hat. ¹

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Wenn das Schlachten vorbei ist

T. C. Boyle, Wenn das Schlachten vorbei ist, 2012
T. C. Boyle, 2012

Gibt es einen Unterschied zwischen Naturschutz und Tierschutz? Und wenn ja: Welcher der beiden Ansätze ist der bessere, wenn es um unseren Umgang mit dem Planeten geht? Der vernünftigere? Der humanere? – In seinem dreizehnten Roman mit dem Titel Wenn das Schlachten vorbei ist stellt der amerikanischer Bestsellerautor T. C. Boyle ein weiteres Mal das Thema Mensch und Natur ins Zentrum einer turbulenten Geschichte, die sich an der US-Westküste zwischen Santa Barbara und Oxnard sowie auf den vorgelagerten Pazifikinseln Anacapa und Santa Cruz zuträgt. Dort prallen die Vertreter des staatlichen National Park Service und die einer Tierschutzorganisation namens FPA aufeinander. Und natürlich mischt auch die unerbittliche Kraft der Natur in bewährter boylesker Manier mit.

Erzählt wird die Geschichte aus den Perspektiven zweier Protagonisten. Dr. Alma Boyd Takesue, Wissenschaftlerin im Dienst des National Park Service, ist zur Hälfte japanischer Abstammung und im Jahr 2001, zu Beginn der eigentlichen Erzählung, 33 Jahre alt. Ihre Aufgabe als Direktorin für Öffentlichkeitsarbeit besteht darin, der Presse und Bürgern das Vorgehen der Bundesbehörde plausibel zu erklären.

Almas Gegenspieler ist Dave LaJoy, rund zehn Jahre älter als sie, ein erfolgreicher Geschäftsmann in der Region. Er kann es sich leisten, sich aus seinen Unternehmen herauszunehmen und die Zeit in ein persönliches Anliegen zu investieren. Dave ist ein spät berufener Tierschutzaktivist, der mit Gleichgesinnten die Bewegung For the Protection of Animals, kurz FPA, ins Leben gerufen hat.

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