Meine ganz persönlichen Lesempfehlungen
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Shantaram

Shantaram
Gregory David Roberts, 2008

Ein australischer Ge­walt­ver­bre­cher flieht aus dem Hoch­si­cher­heits­ge­fäng­nis Pent­ridge im Großraum Melbourne und taucht in der in­di­schen Mil­lio­nen­stadt Bom­bay¹ un­ter. Bei sei­nem Ver­such, sich dort ein neu­es Le­ben auf­zu­bau­en, stößt er auf In­tri­gen, Hass, un­er­wi­der­te Lie­be und be­din­gungs­lo­se Freund­schaft, Dro­gen­sucht, Ge­walt, Fol­ter, Tod … und im­mer wie­der auf die über­schäu­men­de Le­bens­freu­de der Be­woh­ner der asia­ti­schen Me­tro­po­le. Die­ser mo­der­ne Aben­teu­er­ro­man steht in Hin­blick auf Span­nung und pa­cken­de Er­zähl­wei­se eta­blier­ten his­to­ri­schen Vor­bil­dern in nichts nach. Das Sah­ne­häub­chen der ver­we­ge­nen Ge­schich­te ist die Tat­sa­che, dass der Autor Gre­go­ry Da­vid Ro­berts tat­säch­lich ein ver­ur­teil­ter Schwer­ver­bre­cher ist und es sich bei Shantaram um eine min­des­tens teil­wei­se auto­bio­gra­fi­sche Er­zäh­lung han­delt. Auch wenn Roberts dies in dem verlinkten Interview herunterspielt.

Einleitung durch den Autor:

„Ich war ein Re­vo­lu­tio­när, der sei­ne Idea­le dem He­roin op­fer­te, ein Phi­lo­soph, der sei­ne Glaub­wür­dig­keit im Ge­fäng­nis ein­büß­te, ein Dich­ter, dem sei­ne See­le im Hoch­si­cher­heits­trakt ver­lo­ren ging. Als ich über die von zwei Wach­tür­men flan­kier­te Front­mauer aus dem Ge­fäng­nis flüch­te­te, wur­de ich zum meist­ge­such­ten Mann mei­nes Lan­des. Das Glück floh mit mir und be­glei­te­te mich quer durch die Welt nach In­di­en, wo ich mich der Ma­fia von Bom­bay an­schloss. Ich ver­dien­te mein Geld als Waf­fen­schie­ber, Schmugg­ler und Fäl­scher. Ich wur­de auf drei Kon­ti­nen­ten in Ket­ten ge­legt, ver­prü­gelt, mit Mes­sern trak­tiert und aus­ge­hun­gert. Ich zog in den Krieg und ge­riet un­ter feind­li­ches Feu­er. Und ich über­leb­te, wäh­rend an­de­re Män­ner ne­ben mir star­ben. Die meis­ten von ih­nen wa­ren bes­se­re Men­schen als ich, Män­ner, de­ren Le­ben ver­se­hent­lich zer­tre­ten wur­de, fort­ge­wor­fen im fal­schen Augen­blick – aus Hass, Lie­be oder Gleich­gül­tig­keit. Ich be­grub die­se Män­ner – zu vie­le von ih­nen –, und in mei­ner Trau­er ver­wob ich ih­re Ge­schich­te und ihr Le­ben mit mei­nem eige­nen.“

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Feuchtgebiete

Feuchtgebiete
Charlotte Roche, 2008

Die Autorin Char­lot­te Ro­che hat einen Erst­lings­ro­man ver­öf­fent­licht, der sich von Früh­jahr bis Herbst 2008 ein hal­bes Jahr lang auf dem ers­ten Platz vie­ler deut­scher Best­sel­ler­lis­ten ge­hal­ten hat. Die­se un­ge­wöhn­li­che Be­stän­dig­keit im Li­te­ra­tur­ver­trieb wird er­gänzt durch die eben­so un­ge­wöhn­li­che, schar­fe Dis­kre­panz zwi­schen sen­sa­tio­nel­len Ver­kaufs­zah­len und der durch­gän­gi­gen Ab­leh­nung durch den so­ge­nann­ten ernst­haf­ten deut­schen Li­te­ra­tur­be­trieb. Da darf man sich schon fra­gen, wel­che Ur­sa­chen dem Buch sei­nen kom­mer­zi­el­len Er­folg be­schert ha­ben.

Eines ist si­cher: Der Ro­man po­la­ri­siert. Die einen prei­sen ihn als ge­nial, an­de­re emp­fin­den ihn als por­no­gra­fisch oder ein­fach ekel­er­re­gend. Gleich­gül­tig steht dem Text wohl kei­n(e) Leser¦in ge­gen­über.

Feuchtgebiete – Rezeption

Die Fan­ge­meinde von Frau Roche lässt sich in drei Kate­go­rien ein­tei­len: Zum ers­ten sind da sicher die­jeni­gen, die sich mehr oder weni­ger ins­ge­heim von Schil­derun­gen sexu­el­ler Prak­ti­ken und Vor­gänge anre­gen las­sen. Ins­beson­dere wohl von Prak­ti­ken, die in unse­rer Gesell­schaft zu den Tabu­the­men gehö­ren.

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Die Mittagsfrau

Die Mittagsfrau
Julia Franck, 2007

Bücher, die mit Preisen ausgezeichnet werden, sind – vor allem dann, wenn sie aus den Federn bis dahin wenig bekannter Autoren stammen – der aufmerksamen Kritik aller etablierten Rezensoren in besonderem Maße ausgesetzt. Dies gilt auch für Die Mittagsfrau von Julia Franck, die für ihren Roman den Deutschen Buchpreis 2007 erhalten hat.

Im Blätterwald der Feuilletons von der FAZ bis zur Zeit werden der Autorin stilistische Schwächen und der Hang zu Geschwülst in der Formulierung bescheinigt. Das Niveau, das Franck auf den ersten Seiten erreiche, so heißt es, flache mit zunehmender Handlung immer mehr ab. Die Figuren seien überzeichnet, das Vokabular aufbauschend. Solch institutionalisiertes Infragestellen erlaube ich mir einmal zu relativieren. Es mag ja sein, dass Frau Franck hohem stilistischen Anspruch in ihrem Roman nicht durchgängig gerecht wird. Allerdings halte ich es durchaus für legitim, das Hauptaugenmerk der Leserschaft auf die Leistung der Autorin zu lenken, die an ganz anderer Stelle als der formalen zu suchen ist.

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