Backflash Zufallsrezension: Jeden Sonntag eine neu & zufällig ausgewählte Buchbesprechung aus der Vergangenheit — Gute Bücher altern nicht!
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Schnee, der auf Zedern fällt

Schnee, der auf Zedern fällt
David Guterson, 2001

Mit seinem Erst­lings­werk Schnee, der auf Zedern fällt hat sich der ame­ri­kani­sche Autor David Guter­son aus dem Stand in die eng­lisch­spra­chigen Best­sel­ler­lis­ten ge­schrie­ben. Sein Roman han­delt von einen Mord­fall, der 1954 auf einer klei­nen Pazi­fik­in­sel an der US-Küste began­gen wur­de. Das eigent­liche Thema des Buches aber ist das schwie­rige Ver­hält­nis zwi­schen Ame­ri­ka­nern euro­päi­scher und japa­ni­scher Ab­stam­mung.

Den Rah­men der Hand­lung bil­det eine Ge­richts­ver­hand­lung auf der Insel San Pie­dro im Puget Sound vor der ame­ri­ka­ni­schen Nord­west­küste auf Höhe von Seattle. Dort ist der japa­nisch­stäm­mige Fischer Kabuo Miya­moto ange­klagt, sei­nen Kol­le­gen und ehe­ma­li­gen Freund Carl Heine umge­bracht zu haben. Hei­nes Fami­lie war einst aus Deutsch­land zuge­wan­dert. Es gibt keine Zeu­gen, nur Indi­zien und ein Motiv: näm­lich Rache wegen einer per­sön­li­chen Fehde, die durch Ge­scheh­nis­se aus der Zeit um den Zwei­ten Welt­krieg ent­stand. Zu die­ser Zeit unter­la­gen die aus Japan stam­men­den Ame­ri­ka­ner star­ken Re­pres­sio­nen.

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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.
Catherine Millet, 2001

Literatur­skandal um eine heute 53-jäh­rige fran­zösi­sche Auto­rin: Cathe­rine Millets Buch, das in der deut­schen Über­set­zung immer­hin 284 Seiten um­fasst, ent­hält in der Haupt­sache unver­blüm­te und detallier­te Beschrei­bun­gen sexu­eller Spiel­arten. Was der Titel ver­spricht, hält der Inhalt: eine Auto­bio­grafie, die auf den sexu­ellen Anteil des Lebens der Auto­rin ein­ge­schränkt bleibt.

Als Millets Buch in Frank­reich erschien, gin­gen täg­lich bis zu 5.000 Exem­plare über die Laden­tische. Die Fran­zosen – und spä­ter auch Leser einer der Über­set­zun­gen in mitt­ler­weile fünf­und­zwanzig Spra­chen – beschäf­tigten sich mit der Frage: Wie kommt eine freund­liche, zurück­hal­tende, fast schüch­tern wir­kende Frau von über fünf­zig Jah­ren dazu, ihr unge­wöhn­lich aus­ufern­des, uner­sätt­liches Sexual­leben in epi­scher Brei­te vor dem Leser­publi­kum auszu­rollen.
Catherine Millet ist Grün­derin und Chef­redak­teurin der Avant­garde-Zeit­schrift art press. 1981 war sie franzö­sische Kura­torin bei der Biennale in Vene­dig, ein biss­chen also eine Figur des öffent­lichen Lebens. Von der Auto­rin Millet stammt auch ein Werk über Zeit­genössi­sche Kunst. Dieses Werk ist eben­falls im Jahr 2001 im Lübbe Verlag erschie­nen, hat jedoch nicht annä­hernd so viel Reso­nanz erfah­ren wie Das sexuelle Leben der Catherine M.

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Tod eines Kritikers

Tod eines Kritikers
Martin Walser, 2002

Nach der Ankündigung der Frank­furter All­gemei­nen Zei­tung, sie verwei­gere dem Schrift­steller Martin Walser den geplan­ten Vorab­druck des Buches, da es sich um einen anti­semi­ti­schen Roman handle, hat Tod eines Kritikers den Litera­tur­skan­dal schlecht­hin im Früh­jahr 2002 aus­gelöst. Dem Ver­kauf des Buches hat die har­sche Kritik frag­los gut getan, den Ruf des „Opfers“ Marcel Reich-Ranicki hat sie zemen­tiert.

Aus der Warte eines lange Zeit anonym blei­ben­den Michael Landolf schreibt Martin Walser über die Gescheh­nisse nach einer litera­tur­kriti­schen Fernseh­sendung namens Sprech­stunde. In der Sen­dung zer­fetzte Kriti­ker­papst André Ehrl-König das neuste Werk des Schrift­stel­lers Hans Lach, Mäd­chen ohne Zehen­nägel, in der Luft. Zur Feier­stun­de nach der Sen­dung in der Villa eines bekann­ten Verle­gers verschafft sich Lach unge­laden Zugang und bedroht Ehrl-König: „Die Zeit des Hin­neh­mens ist vorbei. Sehen Sie sich vor, Herr Ehrl-König. Ab heute nacht Null Uhr wird zurück­ge­schlagen.“

Nach der Feier ver­schwin­det der Kritiker­papst, nur sein mit Blut ver­schmier­ter Pull­over wird gefun­den. Lach gerät unter Mord­ver­dacht, wird ver­haf­tet. Erst gegen Ende des Romans taucht Ehrl-König wohl­behal­ten wieder auf. Er hatte einige Zeit bei einer seiner Bewun­de­rin­nen verbracht, ohne sich zu melden.

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