Backflash Zufallsrezension: Jeden Sonntag eine neu & zufällig ausgewählte Buchbesprechung aus der Vergangenheit — Gute Bücher altern nicht!
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Der Katalane

Der Katalane
Noah Gordon, 2008

Den jüngsten Roman von Noah Gordon, Der Katalane, habe ich mir beim Auto­fah­ren vorle­sen las­sen. Es ist eine sehr ent­span­nende Ange­legen­heit, wenn man mor­gens ins Büro und abends wie­der nach Hause tuckert, neben­an auf dem Bei­fahrer­sitz Robert De Niro sitzt und mit sei­ner unver­wech­sel­baren, leicht heise­ren Stimme in aller Gelas­sen­heit die Geschich­te von Josep Álvarez, dem Sohn eines kata­lani­schen Wein­bauern aus dem neun­zehn­ten Jahr­hun­dert, erzählt. Wer könnte da schon wider­ste­hen? – Natür­lich benö­tigt man ein gerüt­telt Maß an Fanta­sie, um De Niro neben sich zu sehen und nicht nur zu hören. Denn tat­säch­lich, ich geste­he, saß da nie­mand mit mir im Auto. Und es war noch nicht ein­mal De Niros Stimme, son­dern die seines deut­schen Synchron­spre­chers, Chris­tian Brück­ner, die aus den Laut­spre­chern drang.

Soundcheck

Aber wenn man die Augen hätte schlie­ßen können wäh­rend der Fahrt, dann wäre die Illu­sion per­fekt gewesen. Man fühlte sich bei­nahe wie Max Berco­wicz, der in Once Upon a Time in America eine Spritz­tour mit seinem Kum­pel „Noodles“ unter­nahm und sich von ihm bequas­seln ließ.

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Talk Talk

Talk Talk
T.C. Boyle, 2006

„Ein rasan­ter Thril­ler und eine Love­story.“ Mit die­ser auf dem Buch­um­schlag abge­druck­ten Kurz­kri­tik emp­fiehlt die Zeit­schrift Bri­git­te ihren Le­se­rin­nen den Ro­man Talk Talk von T.C. Boyle. Unzu­tref­fen­der je­doch kann man die Ge­schich­te um die junge Ame­ri­kane­rin Dana Hal­ter kaum zu­sam­men­fas­sen, han­delt es sich doch we­der um einen Thril­ler, noch um eine Love­story. Ledig­lich das Attri­but „rasant“ erweist sich im Laufe der Lek­türe als zutref­fend. Doch anstelle einer Schauer- oder Liebesgeschichte hat Autor Boyle einen in mehr­fa­cher Hin­sicht gesell­schafts­kriti­schen Ro­man ge­schrie­ben, der sei­nen Aus­gangs­punkt vor dem Hin­ter­grund eines neu­zeit­lichen Ver­bre­chens­szena­rios nimmt: nämlich dem Iden­ti­täts­dieb­stahl.

Das Betrugsszenario, das Boyle zum Thema seiner Romangeschichte macht ist nicht neu. Und mit der wachsenden Digitalisierung unseres Lebens wächst das Bedrohungspotenzial. Inzwischen geben fünf Prozent aller US-Ame­ri­ka­ner an, Opfer von Identitätsdiebstahl geworden zu sein.

Talk Talk – Zur Handlung

Die gehör­lose, aber reso­lute Päda­go­gin Dr. Dana Hal­ter wird anläss­lich einer Ver­kehrs­kon­trolle unter dem Vor­wurf des mehr­fa­chen Betru­ges ver­haf­tet. Es stellt sich heraus, dass sich ein Betrü­ger ihrer per­sön­li­chen Daten bemäch­tigt hat. Unter der Iden­ti­tät seines Opfers hat er bereits Unmen­gen von Wirt­schafts­delik­ten began­gen. Obwohl diese Fak­ten rasch auf­ge­deckt wer­den, ver­liert die Pro­ta­go­nis­tin nicht nur ihre Kre­dit­wür­dig­keit. Auch ihre Anstel­lung und vor allen Din­gen ihr Glau­be an Recht und Ord­nung sind dahin.

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Shantaram

Shantaram
Gregory David Roberts, 2008

Ein australischer Ge­walt­ver­bre­cher flieht aus dem Hoch­si­cher­heits­ge­fäng­nis Pent­ridge im Großraum Melbourne und taucht in der in­di­schen Mil­lio­nen­stadt Bom­bay¹ un­ter. Bei sei­nem Ver­such, sich dort ein neu­es Le­ben auf­zu­bau­en, stößt er auf In­tri­gen, Hass, un­er­wi­der­te Lie­be und be­din­gungs­lo­se Freund­schaft, Dro­gen­sucht, Ge­walt, Fol­ter, Tod … und im­mer wie­der auf die über­schäu­men­de Le­bens­freu­de der Be­woh­ner der asia­ti­schen Me­tro­po­le. Die­ser mo­der­ne Aben­teu­er­ro­man steht in Hin­blick auf Span­nung und pa­cken­de Er­zähl­wei­se eta­blier­ten his­to­ri­schen Vor­bil­dern in nichts nach. Das Sah­ne­häub­chen der ver­we­ge­nen Ge­schich­te ist die Tat­sa­che, dass der Autor Gre­go­ry Da­vid Ro­berts tat­säch­lich ein ver­ur­teil­ter Schwer­ver­bre­cher ist und es sich bei Shantaram um eine min­des­tens teil­wei­se auto­bio­gra­fi­sche Er­zäh­lung han­delt. Auch wenn Roberts dies in dem verlinkten Interview herunterspielt.

Einleitung durch den Autor:

„Ich war ein Re­vo­lu­tio­när, der sei­ne Idea­le dem He­roin op­fer­te, ein Phi­lo­soph, der sei­ne Glaub­wür­dig­keit im Ge­fäng­nis ein­büß­te, ein Dich­ter, dem sei­ne See­le im Hoch­si­cher­heits­trakt ver­lo­ren ging. Als ich über die von zwei Wach­tür­men flan­kier­te Front­mauer aus dem Ge­fäng­nis flüch­te­te, wur­de ich zum meist­ge­such­ten Mann mei­nes Lan­des. Das Glück floh mit mir und be­glei­te­te mich quer durch die Welt nach In­di­en, wo ich mich der Ma­fia von Bom­bay an­schloss. Ich ver­dien­te mein Geld als Waf­fen­schie­ber, Schmugg­ler und Fäl­scher. Ich wur­de auf drei Kon­ti­nen­ten in Ket­ten ge­legt, ver­prü­gelt, mit Mes­sern trak­tiert und aus­ge­hun­gert. Ich zog in den Krieg und ge­riet un­ter feind­li­ches Feu­er. Und ich über­leb­te, wäh­rend an­de­re Män­ner ne­ben mir star­ben. Die meis­ten von ih­nen wa­ren bes­se­re Men­schen als ich, Män­ner, de­ren Le­ben ver­se­hent­lich zer­tre­ten wur­de, fort­ge­wor­fen im fal­schen Augen­blick – aus Hass, Lie­be oder Gleich­gül­tig­keit. Ich be­grub die­se Män­ner – zu vie­le von ih­nen –, und in mei­ner Trau­er ver­wob ich ih­re Ge­schich­te und ihr Le­ben mit mei­nem eige­nen.“

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