Meine ganz persönlichen Lesempfehlungen
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Nobelpreis für Literatur 2021

Abdulrazak Gurnah, 2009
Abdulrazak Gurnah, 2009

Der Nobel­preis für Li­te­ra­tur geht in die­sem Jahr an Ab­dul­ra­zak Gur­nah (73) und da­mit an den 98. Mann und den fünf­ten Af­ri­ka­ner unter den 118 Preis­trä­ge­r¦in­nen. Heu­te Mit­tag, um 13 Uhr, gab die Schwe­di­sche Aka­de­mie in Stock­holm ihre Ent­schei­dung be­kannt. Für die Aus­wahl der Kan­di­da­ten für den re­nom­mier­ten Preis war, wie je­des Jahr, das No­bel­komi­tee ver­ant­wort­lich. Dass der No­bel­preis für Li­te­ra­tur 2021 an Gur­nah ver­lie­hen wur­de, be­grün­de­te die Ju­ry mit „sei­ner kom­pro­miss­lo­sen und mit­füh­len­den Durch­drin­gung der Aus­wir­kun­gen des Ko­lo­nia­lis­mus und der Flücht­lings­schick­sa­le im Ab­grund zwi­schen Kul­tu­ren und Kon­ti­nen­ten“. Mit der Wahl des weit­ge­hend un­be­kann­ten Li­te­ra­ten setzt die Aka­de­mie ein deut­li­ches Zei­chen, einen Ver­weis auf die drän­gen­de Flücht­lings­pro­ble­ma­tik.

Gratulerar, herr Gurnah!

Im ver­gan­ge­nen Jahr war mit der Preis­ver­lei­hung an Louise Glück nach zwei skan­dal­umwit­ter­ten Jah­ren end­lich wie­der Ruhe ins Gefüge des wich­ti­gen Lite­ratur­prei­ses ein­ge­kehrt.

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Über den Nobelpreisträger 2021

Abdul­razak Gur­nah wurde im Jahr 1948 gebo­ren und wuchs auf der Insel San­si­bar im Indi­schen Ozean auf. Ende der Sech­ziger­jahre er­reich­te er als Flücht­ling Eng­land, wo er seit­her fast ohne Unter­bre­chung lebt.

Nach dem kampf­lo­sen Ende der bri­ti­schen Kolo­nial­zeit im Dezem­ber 1963 durch­lebte San­si­bar eine Revo­lution, die unter Prä­si­dent Abeid Karu­mas Herr­schaft zu Unter­drü­ckung und Ver­fol­gung von Bür­gern mit ara­bi­schen Wur­zeln führte; es kam zu Mas­sa­kern. Gur­nah gehört die­ser eth­ni­schen Gruppe an und war nach sei­nem Schul­ab­schluss mit acht­zehn Jah­ren gezwun­gen, seine Fami­lie und die neu gegrün­dete Repu­blik Tan­sa­nia zu ver­las­sen. Erst 1984 konnte er nach San­si­bar zurück­keh­ren, um sei­nen Vater ein letz­tes Mal vor des­sen Tod zu tref­fen.

Wenige Jahre zuvor lehrte Gur­­nah für kurze Zeit an der Uni­­ver­­si­­tät in Kano, Nige­­ria. Im Anschluss kehrte er nach Eng­­land an die Uni­­ver­­si­tät von Kent in Can­ter­bury zurück. Dort pro­­mo­vier­te er im Jahr 1982. Bis zum kürz­li­chen Beginn sei­nes Ruhe­stan­des lehrte er als Pro­fes­sor für Eng­lisch und post­kolo­niale Lite­ra­tur an der eng­li­schen Uni­ver­si­tät.

Gurnah hat zehn Romane und eine Reihe von Kurz­ge­schich­ten ver­öffent­licht. Das Thema der Zer­ris­sen­heit von Flücht­lingen zieht sich wie ein roter Faden durch Gur­nahs Werk.

„For millions of people, she could hear him say with that tremulous intensity of his, moving is a moment of ruin and failure, a defeat that is no longer avoidable, a desperate flight, going from bad to worse, from home to homelessness, from citizen to refugee, from living a tolerable or even contented life to vile horror.“
The Last Gift, 2014

Auf deutsch erschienen:

  • Das verlorene Paradies: Roman – S. Fischer Verlag, 1998 – Originaltitel: Paradise
  • Die Abtrünnigen: Roman – Berlin Verlag, 2006 – Originaltitel: Desertion

(Update 26.1.2022 Keines seiner Werke ist derzeit in deutscher Übersetzung im deutschen Buchhandel verfügbar.)

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Woanders kommentiert:

  • Biobibliographical Notes 🇬🇧, THE NOBEL PRIZE, 7.10.2021
    „Gurnah has publi­shed ten novels and a num­ber of short sto­ries. The theme of the refu­gee’s dis­rup­tion runs through­out his work. He began wri­ting as a 21-year-old in Eng­lish exile, and even though Swa­hili was his first lan­guage, Eng­lish became his lite­rary tool.“
  • Literaturnobelpreis für Abdulrazak Gurnah aus Tansania, ZEIT ONLINE, 7.10.2021
    „Gurnahs Werk sei stark beein­flusst von eng­lisch­spra­chi­ger Lite­ra­tur, von Sha­kes­peare über Joseph Con­rad bis V. S. Nai­paul, hieß es wei­ter in der Begrün­dung. Er habe aber bewusst mit Kon­ven­tio­nen gebro­chen, die kolo­nia­lis­tische Per­spek­tive auf Afrika umge­dreht. Sein Durch­bruch gelang Gur­nah 1994 mit der Novelle Paradise (in Deutsch­land erschie­nen als Das ver­lo­rene Para­dies), die für den renom­mier­ten Booker Prize nomi­niert wurde.“
  • Abdulrazak Gurnah erhält den Nobelpreis für Literatur, NZZ, 7.10.2021
    „Über­haupt prägt die Zer­ris­sen­heit des Emi­gran­ten­le­bens Abdul­razak Gur­nahs Werk. Er zeich­net fein­füh­lig und in meh­re­ren Roma­nen nach, was es hei­ssen kann, in Eng­land Frem­der zu sein.“
  • Ein ungewöhnlicher Autor, TAZ, 7.10.2021
    „Das Werk des Lite­ra­tur-Nobel­preis­trä­gers Abdul­razak Gur­nah spie­gelt die Ge­schich­te einer Welt­region wider – in ihrer gesam­ten Viel­schich­tig­keit.“

Feuertod

Claudia Magerl, Feuertod
Claudia Magerl, 2010

Nur ein Jahr nach ih­rem Erst­lings­ro­man Bru­der­schwur leg­te Clau­dia Ma­gerl nach mit einer Fort­set­zung mit dem Ti­tel Feuertod. Auch dies­mal geht es wie­der um Mar­cus Agrip­pa, den rö­mi­schen Feld­herrn und Ver­trau­ten von Kai­ser Au­gus­tus. Hat­te der ers­te Teil der Ge­schich­te noch die Zeit des Bür­ger­krie­ges nach Ga­ius Ju­lius Cae­sars Tod zum In­halt, be­schäf­tigt sich der Feuertod mit der rö­mi­schen Blü­te­zeit wäh­rend der Re­gie­rung des Au­gus­tus.

Wir er­in­nern uns: Nach einem ver­nich­ten­den See­sieg ge­gen An­to­nius und Kleo­pa­tra eil­te Au­gus­tus, da­mals noch un­ter dem Na­men Oc­ta­vian, den Flie­hen­den nach, wäh­rend sein Ver­trau­ter auf eige­nen Wunsch nach Rom zu­rück­kehrte, um dort die Amts­ge­schäf­te im Sin­ne des Freun­des zu ord­nen.

Nun, wir al­le wis­sen, dass Anto­nius und Kleo­pa­tra in Alexan­dria Selbst­mord began­gen haben sol­len, um einer Gefan­gen­nahme durch Rom zuvor zu kom­men. Mit die­sem Fina­le ist nun der sieg­rei­che Okta­vian unein­ge­schränk­ter Lieb­ling der Römer und des Senats. Geschickt lässt er sich zunächst ledig­lich zum prin­ceps sena­tus, Ers­ter des Senats, küren. Darü­ber hinaus reißt er aber auch alle wich­ti­gen Funk­tio­nen in Staat und Mili­tär an sich. 27 v. Chr. erhält Okta­vian die Kai­ser­würde und den Ehren­na­men Augus­tus, „der Erha­bene“. Und mit Augus­tus erstürmt auch des­sen Freund und ers­ter Ver­trau­ter Mar­cus Vip­sanius Agrip­pa die Höhen der Macht im Rom der Anti­ke.

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Heinrich-Heine-Preis 2020

Heinrich-Heine-Preis 2020 für Rachel Salamander
Rachel Salamander

Die deut­sche Lite­ratur­wissen­schaft­lerin und Buch­han­dels-Unter­nehme­rin Rachel Sala­man­der (72) erhält für das Jahr 2020 den Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düssel­dorf. Die mit 50.000 Euro dotier­te Aus­zeich­nung „wird an Per­sön­lich­kei­ten ver­lie­hen, die durch ihr geis­ti­ges Schaf­fen im Sinne der Grund­rechte des Men­schen, für die sich Hein­rich Heine ein­ge­setzt hat, den sozia­len und poli­ti­schen Fort­schritt för­dern, der Völ­ker­ver­stän­di­gung die­nen oder die Erkennt­nis von der Zusam­men­ge­hö­rig­keit aller Men­schen ver­brei­ten“.

„Der Heine-Preis der Lan­des­haupt­stadt Düs­sel­dorf 2020 wird an Rachel Sala­man­der ver­lie­hen. Die Lite­ra­tur­wis­sen­schaft­le­rin und Pub­li­zis­tin hat cou­ra­giert maß­geb­lich zum Wie­der­auf­bau des jüdi­schen intel­lek­tuel­len Lebens nach dem Zwei­ten Welt­krieg in Deutsch­land bei­ge­tra­gen. Als Unter­neh­me­rin holte sie mit ihren Lite­ratur­hand­lun­gen all die jüdi­schen Auto­rin­nen und Auto­ren, deren Bücher einst ver­brannt wor­den waren, in den Kanon deut­scher Lite­ra­tur zurück. In Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten dis­ku­tiert sie öffent­lich­keits­wirk­sam über die Bedeu­tung von Lite­ra­tur und setzt sich ganz im Sinne Hein­rich Hei­nes für Völ­ker­ver­stän­di­gung und gegen Anti­semi­tis­mus ein.“
(Aus der Begründung der Jury)

Herzlichen Glückwunsch, Frau Salamander!

Heinrich-Heine-Preis – Über die Preisträgerin

Rachel Sala­man­der ist Toch­ter einer Fami­lie jüdi­schen Glau­bens, die den Holo­caust über­lebt hatte. Sie stu­dierte in Mün­chen Phi­lo­so­phie, Ger­manis­tik und Roma­nis­tik. 1982 eröff­nete sie eben­dort die „Lite­ratur­hand­lung“, eine auf jüdi­sche Lite­ra­tur und Lite­ra­tur über das Juden­tum spezi­ali­sierte Buch­hand­lung. Mitt­ler­weile gibt es sie­ben Able­ger der Lite­ratur­hand­lung in ganz Deutsch­land. Seit Dezem­ber 2015 ist Sala­man­der Mit­glied des Auf­sichts­rats des Suhr­kamp Ver­lags.

Die Preis­träge­rin selbst hat eine Abhand­lung mit dem Titel Zeit­liche Mehr­dimen­sio­nali­tät als Grund­bedin­gung des Sinn­ver­ste­hens ver­öffent­licht. Die Peter Lang AG hat diese im Jahr 1982 ver­legt. Sala­man­der behan­delt darin her­meneu­tische und neu­kanti­ani­sche Grund­legung der Geis­tes­wis­sen­schaf­ten, Kan­tische Erkennt­nis­kri­tik und Hege­li­sche Phä­no­me­no­lo­gie sowie die phä­no­me­no­logi­sche Rich­tung ver­ste­hen­der Sozio­logie.

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