Illuminati

Illuminati
Dan Brown, 2003

Der US-ameri­kani­sche Thril­ler­autor Dan Brown wur­de im ver­gan­ge­nen Jahr schlag­ar­tig welt­be­kannt durch sei­nen Best­sel­ler The Da Vinci Code, der in der deut­schen Über­set­zung den Ti­tel Sakri­leg er­hielt. Illuminati – im Ori­gi­nal Angels and De­mons – ist der Vor­gän­ger des Skan­dal­ro­mans. Er ist nicht nur eben­so span­nend wie Sakri­leg, son­dern er­staun­lich in­tel­lek­tuell kon­stru­iert und birgt men­gen­wei­se Pa­ral­le­len zur Fol­ge­ge­schich­te.

Hoch­ak­tuell wur­de Illuminati übri­gens im Jahr 2005, zwei Jah­re nach sei­nem Er­schei­nen, durch den Tod des ech­ten Paps­tes Jo­han­nes Paul II. und der Wahl des Deut­schen Jo­seph Rat­zin­ger zu des­sen Nach­fol­ger.

Illuminati & Sakrileg – Parallelen

Kennt man bereits Sakrileg, so wirkt Browns im Ori­gi­nal vier Jah­re zu­vor er­schie­ne­ner Roman Illuminati wie ein Ent­wurf für den berüch­tig­ten zwei­ten Thril­ler. Wegen sei­ner ver­we­ge­nen reli­giö­sen The­sen wur­de Sakrileg welt­weit hef­tig dis­ku­tiert.

Die Hand­lungs­strän­ge bei­der Romane begin­nen jeweils mit der plötz­li­chen Kon­fron­ta­tion des Pro­ta­go­nis­ten Robert Lang­don mit einem grau­sa­men Mord. Von die­sem Moment an kann Lang­don keine Ver­schnauf­pau­se mehr ein­le­gen, bis die jeweili­gen haar­sträu­ben­den Aben­teu­er erlebt und alle kom­pli­zier­ten Ver­wick­lun­gen auf­ge­drö­selt sind.

Bei die­sen Auf­gaben zur Seite ste­hen dem per­soni­fi­zier­ten Indi­ana Jones in beiden Roma­nen starke Frauen. Die Ita­lie­ne­rin Vitto­ria Vetra aus Illuminati wird in Sakrileg abge­löst von der Fran­zö­sin Sophie Neveu. Beide Co-Pro­tago­nis­tin­nen jedoch spie­len inhalt­lich tra­gen­de Rol­len und sind davon abge­se­hen dem Hel­den zärt­lich zuge­tan. (Liebe oder Sex aller­dings haben in bei­den Roman­hand­lun­gen schlicht und ein­fach zeit­lich kei­nen Platz. Sie wer­den daher in den geis­ti­gen Epi­log des Lesers ver­scho­ben.)

Illuminati & Sakrileg – Kirche und Geheimbünde

Dank der straf­fen Hand­lung in Echt­zeit sind beide Geschichten äußerst dreh­buch­taug­lich. Daher dür­fen wir gespannt sein, wie schnell Ver­fil­mun­gen in den Kinos zu bestau­nen sein wer­den. Für Film­versio­nen spricht übri­gens auch das zen­trale Thema der Bücher, die Reli­gion.
[Nach­trag: Beide Romane wur­den tat­säch­lich ver­filmt. Sakri­leg erschien 2006 in den Kinos, Illu­mi­nati 2009. In bei­den Fil­men spielte Tom Hanks die Rolle des Robert Lang­don.]

In bei­den Roma­nen spin­nen fins­tere Geheim­bünde im Hin­ter­grund ihre Fäden. Und in bei­den Roma­nen spie­len his­tori­sche Aus­ein­ander­set­zun­gen – reale ebenso wie umstrit­tene – der katho­li­schen Kir­che mit ver­schie­de­nen Bru­der­schaf­ten tra­gen­de Rol­len.
Träger der Hand­lung ist näm­lich in bei­den Roma­nen his­tori­scher Streit zwi­schen der Kirche im Vati­kan und deren Gegen­spie­ler. Es han­delt sich bei die­sen jeweils um mäch­tige Orga­nisa­tio­nen, die aus der Ano­nymi­tät heraus agie­ren.

Darüber hinaus tra­gen in bei­den Roma­nen mys­thi­sche Sym­bole zu Hand­lung und Lösung der Ver­wick­lun­gen bei. Denn gerade wegen sei­nes Beru­fes als Har­vard-Pro­fes­sor und inter­natio­nale Kory­phäe für Sym­bololo­gie gerät der Held Lang­don in die Müh­len der Krimi­nal­hand­lun­gen.

Illuminati – Worum geht es?

In Illuminati ver­sucht der sagen­umwo­bene Geheim­bund glei­chen Namens, den Vati­kan zu ver­nich­ten. Dazu fin­det sich in Kapi­tel 27 des Romans eine Skizze der Aus­gangs­situa­tion, wie sie knap­per kaum gefasst wer­den kann:

„Vittoria [Vetra] nahm all ihre Kräf­te zusam­men […]. Ihr Vater war ermor­det worden. Jemand war ins CERN ein­gedrun­gen und hatte die Sicher­heits­vor­keh­run­gen über­wun­den. Irgend­wo tickte eine Zeit­bombe, für die sie ver­ant­wort­lich war. Und der Direk­tor hatte einen Kunst­pro­fes­sor enga­giert, der ihnen bei der Suche nach einer geheim­nis­vol­len Bruder­schaft von Teu­fels­anbe­tern hel­fen sollte. Mit einem Mal fühlte sie sich sehr allein.“

Die Illu­minati ent­wen­deten Anti­materie aus dem CERN-Insti­tut. Damit plat­zier­ten sie eine gigan­ti­sche Bombe unter den Gebäu­den des Vati­kans in Rom, um damit die zur Papst­wahl ver­sam­mel­ten Kar­di­näle alle auf einen Schlag aus­zu­schal­ten. Oder um zumin­dest die katho­li­sche Kir­che durch Aus­löschen ihres Amts­sit­zes und aller darin gehor­te­ten Schätze zu ver­nich­ten.

Langdon und sei­ner Gefähr­tin Vitto­ria, Mit­ent­wickle­rin der Anti­mate­rie, blei­ben des­halb nur wenige Stun­den, die töd­li­che Gefah­ren­quelle auf­zu­spü­ren und zu besei­tigen. Doch auf der Jagd nach den Puzzle­stücken, die den Weg zur Bombe wei­sen sol­len, erge­ben sich einige über­raschende Wen­dun­gen.

Illuminati – Kritische Einschätzung

Wie die Roman­hand­lung endet, sollte jeder Leser selbst heraus­fin­den. Denn im Legen fal­scher Fähr­ten und Kon­struie­ren aber­witzi­ger Auf­lösun­gen ist Dan Brown ein Meis­ter. Seine Stär­ken lie­gen ande­rer­seits jedoch nicht unbe­dingt darin, einen stim­migen, nach­voll­zieh­baren Plot zu ent­wickeln. Beson­ders in die­sem ers­ten Teil sei­ner Geschichte um Robert Lang­don liegt eini­ges im Argen.
Wissen­schaf­tliche For­schungs­insti­tute etwa, die mehr Macht­fülle und Mit­tel besit­zen als CIA und KGB zusam­men, die tol­lere Agen­ten­gad­gets ent­wickeln als James Bonds „Q“, kann der Leser dem Autor kaum abneh­men. Auch die Exis­tenz der Anti­materie­bombe ist nicht son­der­lich über­zeu­gend. Die Gescheh­nisse bei und nach der Explo­sion der Bombe sind schlicht­weg haar­sträu­bend unglaub­wür­dig.

Die Unwahr­schein­lich­keit auf Sei­ten der tech­ni­schen Aus­stat­tung der Geschichte setzt sich lei­der auch auf der Ebene reli­giö­ser Hin­ter­grund­fak­ten fort. Denn Brown hat sich aus der lan­gen Geschichte der katho­li­schen Kir­che ein­fach die skan­da­löses­ten Punkte heraus­ge­fischt. Diese schreibt er nun auf die aktu­elle Beset­zung im Vati­kan um. Doch ande­rer­seits sind viele der his­tori­schen Details, die Brown so packend in seine Erzäh­lung webt, durch­aus real. Oder zumin­dest ent­spre­chen sie der vor­herr­schen­den wis­sen­schaft­li­chen Inter­pre­ta­tion.

Wann, wo und in welchem Maß der Autor über­treibt oder gar erfin­det, bleibt dem Leser aller­dings ver­bor­gen, sofern er nicht über eigene Hin­ter­grund­kennt­nisse ver­fügt, oder sich andern­orts schlau macht. John Dominic Crossan bei­spiels­weise, ein von der katho­li­schen Kir­che sei­nes Amtes ent­hobe­ner Pries­ter, formu­liert das Dilemma: „Die meis­ten sei­ner Leser haben nicht die lei­ses­te Ahnung, wo die nüch­ter­nen Fak­ten in sei­nem Buch enden und die meta­phori­sche Fik­tion beginnt.“
Der Wissen­schafts­histo­riker Steven Harris fasst die Kri­tik noch deut­licher und krei­det sie dem Autor an: „Bedeut­samer aber ist, dass Brown offen­sicht­lich das his­to­ri­sche Gewicht der berühm­ten Per­so­nen [Anm.: Koper­nikus, Gali­lei, Lemaître] aus­nut­zen will, ohne den his­tori­schen Zusam­men­hang ihrer Lebens­ge­schichte voll­stän­dig zu begrei­fen.“

Illuminati – Bewertung

Wer der­lei undurch­sich­tigen Über­gän­gen zwi­schen Rea­li­tät und Fik­tion nichts abge­win­nen kann, wird mit Illuminati wahrscheinlich nicht glück­lich. Anhän­gern von Ver­schwö­rungs­theo­rien oder span­nend kon­struier­ter Krimi­nal­ro­mane allerdings ist Dan Browns erster Anlauf zum Thema jedoch unbe­dingt zu emp­feh­len.

Denn in der Dar­stel­lung fins­te­rer Machen­schaf­ten und im Auf­bau extre­mer Span­nung ist der Autor ein abso­lu­ter Meis­ter. Natür­lich nähert er sich dem Höhe­punkt aus unter­schied­li­chen Erzähl­posi­tio­nen, die mit jedem Kapi­tel wech­seln. Fast jeder die­ser Hand­lungs­aus­schnit­te endet mit einem Cliff­hanger, der den Leser nach der Fort­set­zung gera­dezu lech­zen lässt.

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Übrigens: Wer Spaß an Illuminati hat, der wird sich vielleicht auch für meine Buchbesprechung von Sakrileg interessieren.

Fazit:

Dan Browns Roman Illuminati ist ein über­durch­schnitt­lich span­nen­der Thril­ler, der auf einem brand­aktu­el­len Thema auf­setzt. Über die aben­teuer­liche Hand­lung hinaus hält er für den interes­sier­ten Leser histo­rische Lecker­bis­sen bereit. Doch wer die Geschichte nicht nur ober­fläch­lich abgra­sen, son­dern die Grenze zwi­schen Erfin­dung und Rea­li­tät erkun­den möchte, dem sei als Ergän­zung unbe­dingt ein guter Kommen­tar­band emp­foh­len. Etwa der von Dan Bur­stein: Die geheime Bruder­schaft liest sich zwar nicht son­der­lich flüs­sig, ist aber äußerst erhel­lend, wenn man Hin­ter­gründe erfor­schen will.

Im Doppel­pack mit den Kom­men­ta­ren ist mir Illuminati tat­säch­lich vier von fünf Ster­nen wert. Auch wenn es der Thril­ler alleine sicher­lich auf nicht mehr als drei gebracht hät­te.

Dan Brown: Illuminati
Bastei Lübbe Verlag, 2003

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