Es gibt viele schriftstellerische Kunstgriffe, auf die Autoren in ihren Geschichten zurückgreifen können. Eine dieser Finessen, die mich als Mathematiker enorm fasziniert, ist die der Rekursion. Der Rekursion haftet stets ein Hauch der Unendlichkeit an.
Einige der besten grafischen Beispiele für Rekursion stellen Zeichnungen von M.C. Escher dar. Etwa dieser endlose, mystische Lauf treppauf oder treppab auf dem Titelbild zu diesem Text. Im Musikalischen hingegen ist Johann Sebastian Bach der unbestrittene Meister der Rekursion. (Interessierst Du Dich ernsthaft für die Theorie? Dann empfehle ich Dir unbedingt Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter zur Lektüre. Das Standardwerk.)
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In der Literatur gibt es ebenfalls viele Beispiele, in denen die Autoren ihre Geschichten rekursiv angelegt haben.
Beispielsweise würde eine Romanfigur im (fiktiven) Roman „Urlaub auf Sylt“ im Laufe der Romanhandlung aus ihrem jüngst veröffentlichten Roman mit dem Titel „Urlaub auf Sylt“ vorlesen. Damit würde eine Abbildung des Romans auf sich selbst, also eine Rekursion entstehen.
Rezensionen rekursiver Romane
Dieses Beispiel ist natürlich eher trivial. In meinen Buchbesprechungen habe ich jedoch drei sehr gelungene, subtilere Beispiele für rekursiv angelegte Romane rezensiert:
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Die Sandelholzstrafe – Eine Geschichte über Dorfschönheiten, Rebellen und das Leben in der chinesischen Provinz während der europäischen Kolonialzeit zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Und über die Grausamkeit der Todesstrafen, wie sie damals auch wegen geringer Vergehen vollzogen wurden. Eine Erzählung über das alte China, vorgetragen in einer Sprache, die von überlieferten populären Redeweisen und Gesängen geprägt ist.
» Lies meine Buchbesprechung aus dem Januar 2013.
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Der Schatten des Windes – Der Protagonist des Romans „adoptiert“ ein Buch gleichen Titels und durchlebt mit dessen Hauptfigur Höhen und Tiefen des Lebens. Ein „fantastischer“ Roman über Literatur, über das Erwachsenwerden und über die Stadt meines Herzens, Barcelona. Eine Geschichte über den sagenumwobenen „Friedhof der Verlorenen Bücher“; über Liebe, Freundschaft und Verrat; über die Historie des spanischen Bürgerkrieges.
» Lies meine Buchbesprechung aus dem März 2006.
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Tintenherz – Ein packendes Märchen über das Verschwinden von Grenzen zwischen Realität und Erfundenem. Vorleser mit einer besonderen Gabe können Gegenstände, Personen und Tiere aus dem Roman im Roman heraus in die Wirklichkeit von Tintenherz transportieren sowie auch andersherum aus der Romanwirklichkeit hinein in das Buch im Buch.
» Lies mein Buchbesprechung aus dem Juni 2005.