Man müsste Andreas Eschbach als Berater der Bundesregierung empfehlen. Denn bei ihm heißt das bürokratische Wortungetüm „bedingungsloses Grundeinkommen“ deutlich handlicher Freiheitsgeld. Sein gleichnamiger Roman handelt in der deutschen Zukunft im Jahre 2064 und ist gleichermaßen Politthriller wie Gesellschaftsstudie. Schade ist nur, dass weder der Autor noch ich mehr in der Lage sein werden zu überprüfen, wie viele seiner Prognosen bis in 42 Jahren eingetroffen sein werden. Also beschränken wir uns zunächst darauf, den spannenden kriminalistischen Anteil des Romans zu genießen. Der Erfinder des Freiheitsgeldes, ein längst pensionierter Ex-Bundeskanzler, und sein energischster Widersacher, ein Journalist, werden beide tot aufgefunden. Besteht eine Verbindung zwischen den beiden Todesfällen? Die polizeilichen Ermittlungen werden von finsteren Kräften behindert, die eine Aufklärung der Hintergründe unbedingt verhindern wollen.
Worum geht es?
Genau genommen präsentiert uns der Autor in seinem Roman vier Geschichten in einer: Da ist zum einen diese Gesellschaftsstudie, aus der wir erfahren, wie Deutschland in vier Jahrzehnten aussehen mag. Hinzu kommt zweitens die kriminalistische Handlung um die beiden Todesfälle, die der Protagonist der Geschichte aufzuklären hat. Eine dritte Komponente stellt die politisch-gesellschaftliche Diskussion um Sinn oder Unsinn des Freiheitsgeldes dar. Die nimmt in der zweiten Romanhälfte erheblichen Anteil des Textes ein. Und zum Vierten steuert Eschbach durch immer wieder geschickt eingestreute Handlungsdetails auf eine Erklärung der zunächst rätselhaften Behinderung der kriminalistischen Ermittlungen zu, die in einer Art Showdown auf den letzten zwanzig Buchseiten umfassend abgeschlossen wird. Diese Erklärung bildet gewissermaßen eine logische Klammer um die drei anderen Romankomponenten.
er-Jahren
1. Deutschland in den 2060Nach einer „großen Krise“ etwa um das Jahr 2030 hat sich Europa neu aufgestellt und dadurch die endgültige Katastrophe abwenden können. So gut wie alle Menschen leben in großen, stark verdichteten Ballungszentren. In Deutschland zum Beispiel in der Ruhrmetropole, in der sich die Handlung der Geschichte abspielt. Kleinere Ortschaften gibt es nicht mehr. Sie wurden aufgelöst, um das Land weitflächig aufforsten zu können. Dadurch entstanden riesige Naturschutzgebiete, in denen sich Flora und Fauna ohne menschlichen Einfluss erholen und durch die eine Klimakatastrophe verhindert wurde. Östlich der Ruhrmetropole ist dies etwa die „Zone Teuto“. Den Südwesten bedeckt die Zone „Schwarz-Süd“. Weiter östlich dehnt sich die „Zone BayWa“ aus. Das Betreten aller Naturschutzgebiete ist verboten.
In den Wohnmetropolen errichten automatisierte 3D-Hausdrucker alle neuen Gebäude. Individuelle Mobilität ist nur Reichen vorbehalten. Das Gros der Bewohner nutzt die kostenlosen selbstfahrenden Busse des ÖPNV, deren Fahrtrouten variieren, weil jedermann Bedarfshaltestellen anfordern kann, wo immer sie oder er sich gerade befindet. Gesteuert wird das gesamte Leben durch eine Weiterentwicklung unserer Smartphones. Die heißen bei Eschbach „Pods“. Ihre Akkus sind niemals leer und auf ihnen laufen keine Apps sondern „Skills“, mit denen man bezahlt, Zutritt zu Gebäuden und zum ÖPNV erlangt, oder medizinische Daten zwischen Ärzten und Apotheken transferiert. Warenlagerung, Supermärkte, Auslieferung, ja sogar ärztliche Betreuung sind vollständig automatisiert. Sie werden durch eine Heerschar von Robotern gewährleistet. Andererseits haben beispielsweise Pflegeberufe eine enorme Wertschätzung erhalten, so dass Kranken- und Altenpflegepersonal zu den Spitzenverdienern der Gesellschaft gehören. Auch Personal Trainer und Krankengymnasten sind gefragt und werden ausgezeichnet bezahlt.
Doch niemand ist gezwungen zu arbeiten. Denn schließlich erhalten alle das „Freiheitsgeld“, ein bedingungsloses Grundeinkommen, das ausreicht, um nicht obdachlos zu werden oder zu verhungern. Und es ist auch gar nicht so einfach, eine Beschäftigung zu finden. Denn alle einfachen Tätigkeiten werden schließlich bereits von den Robotern erledigt.
Gated Communities
Natürlich müssen nicht alle Menschen in tristen Betonwüsten leben. Wer es sich leisten kann, bezieht eine der luxuriösen geschlossenen Wohnanlagen, wie etwa die „Oase“ in der Ruhrmetropole. Dort leben Reiche mit Finanzreserven aus der Zeit vor der großen Krise sowie deren Betreuer, Pfleger und Angestellte der Dienstleistungsbetriebe der Anlage.
„Hier lebt das alte Geld. Die Leute, die noch Vermögen aus der Zeit vor dem Freiheitsgeld haben, können es hier vollends aufbrauchen.“
(Seite 275)
Natürlich werden diese Bewohnergruppen streng voneinander getrennt. Der Geldadel lebt in der A-Zone, Pfleger in der B-Zone und Angestellte der Restaurants oder Geschäfte in der C-Zone. – Das System erinnert sofort an die Aufteilung der Menschheit in Alphas, Betas, Gammas und Deltas aus der Schönen Neuen Welt von Aldous Huxley.
Und wenn wir schon bei Parallelen zu bekannten Dystopien der Vergangenheit sind, soll auch nicht der Hinweis auf die totale Überwachung der Menschheit à la 1984 fehlen, die zum Beispiel über allgegenwärtige Kameraüberwachung und lückenlose Standortverläufe aller Pods Realität geworden ist, an der sich aber längst niemand mehr stört. Altbundeskanzler Havelock fragt dazu seinen Krankengymnasten:
„Kameras überall, und über Ihren Pod haben schon Ihre Eltern immer gewusst, wo Sie sind, mit wem Sie zusammen sind und so weiter. Ihnen kommt das gar nicht vor wie Spionage, nicht wahr? Sie haben eher das Gefühl, dass jemand auf Sie aufpasst.“
(Seite 97)
2. Kriminalistische Handlung
Nur mit wenigen Tagen Abstand sterben der Ex-Bundeskanzler Robert Havelock und sein früherer erbitterter Widersacher, der Journalist Günter Leventheim. Havelock war nach Ende seiner Kanzlerschaft zum EU-Präsidenten gewählt worden und hatte 2034 europaweit das Freiheitsgeld eingeführt. Leventheim hingegen hatte diesen Schritt stets heftig kritisiert und dessen Finanzierbarkeit in Zweifel gezogen. Kurz vor der Dreißigjahrfeier zur Einführung des Freiheitsgeldes nimmt sich Havelock in der Abgeschiedenheit der „Oase“ das Leben, so scheint es. Kurz zuvor war bereits Leventheim einem Kreislaufversagen erlegen.
(Ein Schelm übrigens, wer bei „Robert Havelock“ womöglich an die grüne Politikone Robert Habeck denkt oder bei „Günter Leventheim“ an den Investigativjournalisten Günter Wallraff.)
Der 26-jährige Polizist und Protagonist Ahmad Hussein Müller, frisch in die Abteilung Gewaltverbrechen versetzt, macht sich mit seinen Kollegen an die Klärung der Hintergründe der Todesfälle. Dabei stoßen sie auf allerlei Ungereimtheiten, bei deren Aufklärung die Familien zweier Krankengymnasten des verblichenen Ex-Bundeskanzlers behilflich sind: nämlich Kilian und Therese Strehminger sowie Valentin und Lisa Jouvens, die alle von geheimnistuerischem Verhalten Havelocks berichten. Auch über Leventheim treten Ungereimtheiten zu Tage, von denen dessen Nachbarn erzählen, nämlich Müllers eigener Bruder und dessen durchgeknallter Kumpel. – Hat es womöglich vor den beiden Todesfällen geheime Treffen zwischen Havelock und Leventheim gegeben? Und wenn ja, warum?
Die Ermittler werden nicht nur durch die juristische Autonomie der „Oase“ behindert. Irgendjemand aus dem politischen Hintergrund lässt die Truppe zurückpfeifen, als sie Begegnungen zwischen Havelock und seinem ehemaligen Gegner nachweisen. Schließlich geht alles sehr schnell: Zwei Kollegen Ahmad Müllers werden getötet, die Interne Revision will diese Morde dem jungen Ermittler anhängen. Dem bleibt also nichts anderes übrig, als sich abzusetzen, aus der totalen Überwachung auszubrechen und auf eigene Faust nach den Hintermännern zu suchen.
3. Sinn und Unsinn des Freiheitsgeldes?
Die Sinnfrage im Zusammenhang mit der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens stellt ein zentrales Thema des Romans dar. Der Autor schreibt seine Geschichte aus verschiedenen Erzählperspektiven. Zu Wort kommen natürlich die Hauptfigur Ahmad Hussein Müller, aber auch die Nebenprotagonisten Valentin, dessen junge Frau Lisa und die Frau von Valentins Vorgänger in der „Oase“, Therese Strehminger. Alle vier haben unterschiedliche, aber keinesfalls konträre Meinungen zum Freiheitsgeld. Sie stellen sozusagen die Stimme des Volkes dar.
Dazu gesellt sich die Freundin Ahmads, die Freiberuflerin Franka Castagnioli, die für das Freiheitsgeld überhaupt nicht viel übrig hat. Aber letztlich findet die wichtigste Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen zwischen Günter Leventheim und Robert Havelock statt. Schon bei den Todesfallermittlungen stößt die Polizei auf ausführliche Rechenbeispiele des Journalisten zu einer erheblichen Finanzierungslücke. Und schließlich offenbart ein verstecktes Video, das sich über zwanzig Buchseiten erstreckt und auf dem eine Diskussion zwischen Havelock und Leventheim zu sehen und zu hören ist, die tiefe Problematik einer finanziellen Grundversorgung für die gesamte Menschheit.
Das ist nicht immer einfach zu verstehen und nachzuvollziehen. Allerdings bringt es wenig, solche trockenen Passagen nur zu überfliegen. Schließlich lautet nicht nur der Titel des Romans „Freiheitsgeld“; das bedingungslose Grundeinkommen ist das zentrale Thema der gesamten Geschichte. – Also aufgemerkt an solchen Stellen, liebe(r) Leser¦in!
4. Behinderung der kriminalistischen Ermittlungen
Wer versucht, den Tod Havelocks als Selbstmord hinzustellen? Wer hat alle Datenträger aus Leventheims Recherchen verschwinden lassen? Wer verhindert Ermittlungen der Polizei in der geschlossenen Wohnanlage der „Oase“? Wer hat es geschafft, zwei erfahrene Ausnahmepolizisten mir nichts, dir nichts umzubringen? Und wer will deren Tode dem jungen Ahmad Müller in die Schuhe schieben?
Nun, eben dieser Ahmad Müller macht sich auf die Suche nach der bedrohlichen Macht im Hintergrund. Zuletzt stößt er auf eine Erklärung – nicht nur für die Behinderung der Ermittlungen sondern zugleich für die Ungereimtheiten zum Freiheitsgeld und sogar für einige mysteriöse Details aus der Romangeschichte, die die Leserschaft zuvor wahrscheinlich noch nicht zuordnen konnte.
Ich möchte hier auf keinen Fall die Spannung verderben. Nur soviel sei verraten: Die Auflösung übernimmt einige der bekannten Verschwörungstheorien rund um das Thema The Great Reset.
~
Erfolgsrezepte
Es macht großen Spaß, sich durch diese gar nicht allzu weit entfernte deutsche Zukunft zu lesen. Dadurch dass Eschbach die Geschehnisse aus immer wieder wechselnden Perspektiven beschreibt, entsteht bei der Lektüre ein plastisches Bild dessen, was uns in ein paar Jahrzehnten womöglich erwartet. Auch wenn nicht jedes Detail logisch ist. Wenn man beim Lesen differenziert, entdeckt man bald, dass zwei sehr unterschiedliche Entwicklungen zwischen unserem Heute und Hier sowie dieser Romanzukunft stattgefunden haben müssen.
Zivilisatorisch gesehen ist das nämlich eine ganz andere Welt als die unsere. Das Verschwinden jeder großflächigen Besiedlung, das Zusammenballen der Menschen in dicht gedrängte Metropolen, die Umwandlung gewaltiger Flächen in Naturreservate, zu denen der Mensch keinen Zutritt hat, all das ist doch (noch?) unendlich weit entfernt von der gegenwärtigen Ausprägung unserer Gesellschaften. Auch von der Einschränkung der Mobilität auf unserem Planeten, die in vierzig Jahren bei Eschbach selbstverständlich ist, sind wir heute Lichtjahre entfernt. Von der angeblichen Existenz von Flugtaxis für Ultrareiche haben einige Romanfiguren schon mal etwas gehört. Aber der Flugverkehr unserer Jahrzehnte ist offenbar passé. Und eigene Automobile besitzen höchstens die Wohlhabendsten oder Handwerker für Materialtransporte.
In Hinblick auf die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens und auch auf die zeitgleiche Abschaffung des Bargeldes wird die Leserschaft wahrscheinlich sehr gespaltener Meinung sein. Während die einen solche Szenarien noch in ferner Zukunft verorten, sehen andere deren drohende Umsetzung schon in wenigen Jahren vor uns. Die Leser des Romans könnten an dieser Stelle also trefflich miteinander diskutieren. Oder aber sich hoffnungslos zerstreiten, wie das heutzutage ja leider immer häufiger passiert.*
Technische Entwicklung
Wenn wir uns hingegen die technische Entwicklung in der eschbachschen Geschichte ansehen, stellen wir fest, dass sich in den nächsten vierzig Jahren sehr, sehr wenig getan haben wird. Diese „Pods“, also die umfassenden Steuer- und Überwachungsgeräte, hat längst jeder von uns ständig bei sich. Das bisschen Funktionalität, das da noch hinzu kommen muss, ist nicht der Rede wert. Auch das Thema selbstfahrender Fahrzeuge ist aus technologischer Sicht schon heutzutage durch.
Auf den 3D-Druck für alles und jedes müssen wir hingegen wohl noch ein wenig warten. Wann es tatsächlich einmal keine Alternativen zu Möbeln aus „Wieholz“ oder gar Mahlzeiten aus „Wiehack“ und „Wiemilch“ geben wird, bleibt abzuwarten.
Aber auch wenn der genaue Umfang der künftigen Roboterisierung unserer Welt fraglich ist: Grundsätzlich bleibt doch festzuhalten, dass diese Romanzukunft weniger an fehlenden technischen Möglichkeiten als an mangelnder politischer und gesellschaftlicher Durchsetzbarkeit scheitern könnte.
~
Wem diese Buchbesprechung gefallen hat, wird sich vielleicht auch für meine Rezensionen zu anderen Eschbach-Romanen interessieren: NSA oder Eines Menschen Flügel.
Fazit:
Mit Freiheitsgeld hat uns Andreas Eschbach einmal mehr ein Zukunftsszenario präsentiert, an dem wir herumkauen und uns womöglich gar verschlucken könnten. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich die Leserschaft an seiner Umsetzung verschwörungstheoretischer Ansätze entzweien wird. Wer mag, kann dazu Details im Spoiler meiner Fußnote* nachlesen. Ich empfehle diesen Roman allen, die die Auseinandersetzung mit alternativen Interpretationen politischer Entwicklungen nicht scheuen, auch wenn sie selbst vollkommen anderer Ansicht sein sollten. Der Autor führt uns jedenfalls in eine beklemmende Zukunft. Seine Welt des 21. Jahrhunderts schließt sich in ihrem Schrecken den dunkelgrauen Visionen Aldous Huxleys und George Orwells an.
Tatsächlich bin ich selbst mehr als skeptisch, wenn es um Verschwörungstheorien zur WEF-Initiative des „großen Umbruches“ geht. Das ist der einzige Grund, warum ich dem Roman aus meiner sehr subjektiven Sicht heraus nur drei und nicht solidere vier von fünf möglichen Sternen verpasst habe. Denn dieses Fischen im trüben Uferschlamm des Konspiratismus mag mir nicht so recht gefallen. Auch wenn Eschbach seiner Erzählung damit das Mäntelchen vermeintlicher Authentizität umhängt. Andere Leser¦innen allerdings werden das sicher ganz anders beurteilen als ich. Aber das ist ja auch durchaus gut so.
Andreas Eschbach: Freiheitsgeld
Lübbe Verlag, 2022
* * * * *
Wenn Du über diese Links bestellst, erhalte ich eine kleine Provision auf Deinen Einkauf (mehr darüber)
Fußnote:
*) Oben, im Abschnitt über die Behinderungen der kriminalistischen Ermittlungen, und auch in meinem Fazit habe ich auf Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit der Initiative The Great Reset des World Economic Forum hingewiesen. Aus gutem Grund habe ich im Haupttext meiner Besprechung auf Details dazu verzichtet. Denn wer sich damit vorab befasst, für den wird der Roman unweigerlich seine Spannung verlieren. Wer aber dennoch wissen will, was ich mit meinen Bemerkungen meine, die oder der mag vielleicht den folgenden Spoiler lesen.
Spoiler aufklappen
Spoiler verbergen
„Im Grunde sind Wahlen nur Show. Nachrichten dienen nur der Manipulation der Massen. Sie wählen zwar ihre Anführer – aber die wiederum lenken wir. […] Zu jeder Zeit mussten die Reichen die Mächtigen im Zaum halten.“
(Seite 407)
In seine Romanhandlung baut der Autor immer wieder Hinweise auf Begebenheiten ein, deren Sinn und Zweck sich der Leserschaft zunächst verbirgt. Erst durch stete Wiederholung werden wir misstrauisch. Wir beginnen dann zu ahnen, dass hinter solchen Fingerzeigen wohl etwas Wichtiges verborgen sein muss:
Geplante Reduzierung der Menschheit
So weisen Romanfiguren immer wieder darauf hin, dass die Geburtenraten mittlerweile weit unter früheren Werten liegen. Im Zusammenhang wird stets stets eine offizielle Begründung bemüht: Die Menschheit habe ihre Umwelt vor der großen Krise mit derartig vielen Hormonen verseucht, dass Empfängnis ein schwieriges Unterfangen geworden sei. Tatsächlich aber stellt sich im Roman heraus, dass Empfängnisverhütung geplant über personalisierte Medikamente bewirkt werde. Solche Medikamente würden verschrieben, ohne die Betroffenen über diese Nebenwirkung zu informieren.
Wer sich einmal umgehört hat bei Verschwörungsanhängern, denkt dabei natürlich sofort an die Chemtrail-Theorie. Oder an den Biowaffen-Vorwurf, nach dem eine konspirative Elite um Bill Gates, die Rothschilds und die Pharmaindustrie die Menschheit ausrotten wolle. Tatsächlich wird das angebliche Ziel, die Menschheit auf eine planetenverträgliche Gesamtmenge von 500.000.000 zu reduzieren, gegen Ende der Romangeschichte wiedergegeben:
„… bis es nur noch etwa fünfhundert Millionen Menschen gibt. [Dann] wird es möglich sein, auf Erden wie in einem Paradies zu leben.“
(S. 410f)
Ewige Jugend durch Fremdblut
Eine gewisse Zeit lang, Ende der 2010er-Jahre, wurde eine krude QAnon-Verschwörungstheorie auch durch Prominente in Deutschland verbreitet. Danach würden durch einen in höchsten Kreisen verankerten Geheimbund Tausende entführter Kinder in Kellern gefangen gehalten. Dort erlitten sie Folterrituale, in denen ihnen Blut abgenommen werde, um daraus das vermeintliche Jugendserum Adrenochrom zu gewinnen.
In Freiheitsgeld lesen wir nun von einer mysteriösen Organisation namens „Stay Young“. Diese Organisation nähme jungen und körperlich besonders fitten Menschen ein besonderes Blutextrakt und Sperma ab. Dafür seien Reiche bereit, ungeheure Geldsummen zu zahlen, weil diese Extrakte tatsächlich längeres und gesünderes Leben bewirkten.
Ahmad Müller und Ivana Quayle
Auf der Suche nach den Hintermännern der Verschwörung, die ihm den Mord an seinen Kollegen in die Schuhe schieben wollen, trifft der Protagonist zuletzt im Verbotenen Wald der „Teuto-Zone“ auf die Multimilliardärin Yvana Quayle, die Personifizierung des Great Reset. Die Frau bestätigt dem Ermittler, dass es Gleiche und Gleichere gäbe. Eine geradezu unanständig reiche Elite habe den Untergang der Menschheit verhindert, nicht zuletzt um selbst in den Genuss eines jahrhundertelangen, wenn nicht ewigen Lebens auf einem gesunden Planeten zu kommen. Das Freiheitsgeld sei Teil des Plans, die Menschheit unter Kontrolle zu halten. Nur deshalb werde dieses Grundeinkommen zum erheblichen Teil von den Eliten finanziert.
Quayle stellt Müller vor die Wahl: Er könne mit seinen neuen Erkenntnissen nach Ruhrstadt zurückkehren und dort bei seinem Versuch, die Menschheit aufzuklären, grandios scheitern. Alternativ könne er sich jedoch der Elitenbewegung anschließen und selbst profitieren.
~
Spoiler verbergen