Flashback Zufallsrezension: Jeden Sonntag eine neu & zufällig ausgewählte Buchbesprechung aus der Vergangenheit — Gute Bücher altern nicht!
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Das Licht

T. C. Boyle, Das Licht, 2019
T. C. Boyle, 2019

Der Chro­nist der Flower-Power-Ära, T. C. Boyle, greift wie­der ein­mal tief ins Füll­horn der histo­ri­schen Alter­nativ­szene Ameri­kas und präsen­tiert den Roman Das Licht. Dies­mal geht es um Timo­thy Leary, den LSD-Papst der Sech­ziger­jahre. Damit knüpft Boyle an seine Erfolgsbiografien wie Willkommen in Wellville und Dr. Sex an. Er erzählt die Geschichte der Wende­jahre Learys, als der Harvard-Profes­sor beginnt, im Zir­kel seiner Dokto­ran­den und deren Ehe­frauen Drogen­experi­mente durch­zu­führen: Insbe­son­dere mit Psilo­cybin und Lysergsäurediethyl­amid. Das Licht ist Boyles siebzehnter Roman und wurde im Original drei Jahre nach Die Terranauten und zwei Jahre vor Sprich mit mir veröffentlicht.

Wenn es um Sex, Drugs & Rock’n’Roll geht, läuft T. C. Boyle stets zur Höchst­form auf. Des­halb wun­dert es nicht, dass Das Licht wie­der ein­mal zu einem Glanz­licht der his­to­­ri­sch-bio­gra­fi­schen Romane gewor­den ist. Im engli­schen Origi­nal heißt der Titel übri­gens Out­side Looking In. Damit nimmt der Autor Bezug auf die Pop-Kul­tur der Sech­ziger­jahre. In ihrem Song Legend Of Mind besan­gen die Moody Blues die Ikone der Bewusst­seins­er­wei­te­rung:

„Timothy Leary’s dead
No, no, no, no, he’s outside looking in“
(Moody Blues, 1968)

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Rekursion – ein endloses Band

Rekursion: M.C Escher
M.C. Escher: Ein endloses Band

Es gibt viele schriftstellerische Kunstgriffe, auf die Autoren in ihren Geschichten zurückgreifen können. Eine dieser Finessen, die mich als Mathematiker enorm fasziniert, ist die der Rekursion. Der Rekursion haftet stets ein Hauch der Unendlichkeit an.

Einige der besten grafischen Beispiele für Rekursion stellen Zeichnungen von M.C. Escher dar. Etwa dieser endlose, mystische Lauf treppauf oder treppab auf dem Titelbild zu diesem Text. Im Musikalischen hingegen ist Johann Sebastian Bach der unbestrittene Meister der Rekursion. (Interessierst Du Dich ernsthaft für die Theorie? Dann empfehle ich Dir unbedingt Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter zur Lektüre. Das Standardwerk.)

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In der Literatur gibt es ebenfalls viele Beispiele, in denen die Autoren ihre Geschichten rekursiv angelegt haben.
Beispielsweise würde eine Romanfigur im (fiktiven) Roman „Urlaub auf Sylt“ im Laufe der Romanhandlung aus ihrem jüngst veröffentlichten Roman mit dem Titel „Urlaub auf Sylt“ vorlesen. Damit würde eine Abbildung des Romans auf sich selbst, also eine Rekursion entstehen.

Rezensionen rekursiver Romane

Dieses Beispiel ist natürlich eher trivial. In meinen Buchbesprechungen habe ich jedoch drei sehr gelungene, subtilere Beispiele für rekursiv angelegte Romane rezensiert:

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Mo Yan, Die Sandelholzstrafe, 2009Die Sandelholzstrafe – Eine Ge­schich­te über Dorf­schön­hei­ten, Re­bel­len und das Le­ben in der chi­ne­si­schen Pro­vinz wäh­rend der euro­päi­schen Ko­lo­nial­zeit zum En­de des neun­zehn­ten Jahr­hun­derts. Und über die Grau­sam­keit der To­des­stra­fen, wie sie da­mals auch we­gen ge­rin­ger Ver­ge­hen voll­zo­gen wur­den. Eine Er­zäh­lung über das al­te Chi­na, vor­ge­tra­gen in einer Sprache, die von über­lie­fer­ten populä­ren Rede­wei­sen und Gesän­gen geprägt ist.

» Lies meine Buchbesprechung aus dem Januar 2013.

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La sombra del vientoDer Schatten des Windes – Der Protagonist des Romans „adoptiert“ ein Buch gleichen Titels und durchlebt mit dessen Hauptfigur Höhen und Tiefen des Lebens. Ein „fantastischer“ Roman über Literatur, über das Erwachsenwerden und über die Stadt meines Herzens, Barcelona. Eine Geschichte über den sagenumwobenen „Friedhof der Verlorenen Bücher“; über Liebe, Freundschaft und Verrat; über die Historie des spanischen Bürgerkrieges.

» Lies meine Buchbesprechung aus dem März 2006.

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TintenherzTintenherz – Ein packendes Märchen über das Verschwinden von Grenzen zwischen Realität und Erfundenem. Vorleser mit einer besonderen Gabe können Gegenstände, Personen und Tiere aus dem Roman im Roman heraus in die Wirklichkeit von Tintenherz transportieren sowie auch andersherum aus der Romanwirklichkeit hinein in das Buch im Buch.

» Lies mein Buchbesprechung aus dem Juni 2005.

Der Tempel des Castor

Der Tempel des Castor
Claudia Magerl, 2019

Eine Mann­heimer Süd­ameri­kanerin mit Wohn­sitz im Schwei­zer Tes­sin hat einen his­tori­schen Roman über das anti­ke Rom ver­öffent­licht. Claudia Magerl schreibt über die Regie­rungs­zeit des übel beleu­munde­ten Kai­sers Nero. Dabei rückt sie in ihrem bis­lang vier­ten römi­schen Roman, Der Tem­pel des Castor, so einige der bis heute nicht aus­geräum­ten Vor­urtei­le über ein angeb­lich wahn­sinni­ges Mon­ster zu­recht. Aus ver­schie­denen Grün­den lohnt es sich unbe­dingt, der Auto­rin in die Zeit des ersten Jahr­hun­derts nach Christi Geburt zu fol­gen.

Um dem Schwer­punkt der Erzäh­lung gerecht zu wer­den, möchte ich es nicht versäu­men darauf hinzu­weisen, dass der Prota­gonist des Romans nicht Caesar Nero selbst ist son­dern Marcus Salvius Otho, Freund und Ver­trau­ter Neros – zumin­dest in den ersten Jahren der Regie­rungs­zeit des Kai­sers.

Der Tempel des Castor – Worum also geht es?

Der Roman setzt ein mit den letz­ten Kaiser­jah­ren von Neros Vor­gän­ger, des Caesar Claudius. Als Claudius ver­stirbt, womög­lich vergif­tet durch die eigene Gattin Agrip­pina, muss sich die kaiser­treue Fami­lie des Feld­herrn Lucius Sal­vius Otho um ihre Stel­lung im poli­ti­schen Staats­gefüge sorgen. Doch dann gelingt es dem jüng­sten Spross der Othos, Marcus Sal­vius, zum ein­fluss­rei­chen Freund des neuen Caesars Nero zu avan­cieren. Den eng­sten Freun­des­kreis um Nero ver­bin­det die gemein­same Liebe zur Kunst und der Volks­nähe des jugend­lichen Kaisers.

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