Meine ganz persönlichen Lesempfehlungen
Auf der Su­che nach Lese­stoff? Hier fin­dest Du Buch­be­spre­chun­gen mit An­spruch aber oh­ne Al­lü­ren. Ich schrei­be meist über bel­le­tris­ti­sche Ti­tel; über sol­che, die mir ge­fal­len oder auch mal nicht ge­fal­len ha­ben; manch­mal Main­stream, manch­mal ab­seits der aus­ge­tre­te­nen Pfa­de. (Per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und ein paar Wor­te zu die­sem Pro­jekt gibt’s ganz un­ten auf die­ser Sei­te.)

Die Dürre

Die Dürre
James Graham Ballard, 1984

Im Jahr 1965, fast vier­zig Jah­re vor dem Erschei­nen von Frank Schätzings aktuel­lem Best­seller Der Schwarm, schrieb der Englän­der James Graham Ballard einen düste­ren Öko­thril­ler zum glei­chen Thema: Die Dürre. Die rück­sichts­lose Schädi­gung der Um­elt durch die Mensch­heit führt zu einer Natur­katastro­phe, die Ozeane reagie­ren auf die Ver­schmut­zung. In der Folge blei­ben Regen­fälle auf dem Fest­land aus, die Welt trock­net aus.

Um den Ver­gleich mit Der Schwarm abzu­schlie­ßen, sei ange­merkt, dass Ballards Roman sach­li­cher, aber in der Konse­quenz auch weni­ger span­nend bleibt, als Schätzings Epos. Die verseuch­ten Meere brin­gen keine gigan­ti­schen Unge­heuer hervor, die sich anschicken, Vergel­tung an der Mensch­heit zu nehmen. Statt des­sen erklärt Ballard das Aus­blei­ben von Regen mit einer wesent­lich ein­leuchten­deren, weniger weit herge­holten These als später Schätzing.

Umweltkatastrophe à la 1965

„Ein fast zwei­tausend Kilo­meter breiter, dünner, aber unzer­stör­barer mono­moleku­larer Film aus gesät­tigten lang­ketti­gen Poly­meren bedeckte die Küsten­gewäs­ser der Welt­meere. Dieser Film wurde von den unge­heuren Massen an Industrie­abfäl­len erzeugt, die wäh­rend der letzten fünf­zig Jahre in die Meere gelei­tet worden waren. Das zähe, sauer­stoff­durch­lässige Mem­bran lag an der Schnitt­fläche von Wasser und Luft, wes­halb das Verdamp­fen von Ober­flächen­wasser in den Luft­raum fast völlig verhin­dert wurde.“

Kein Verdamp­fen des Meer­wassers, kein Regen. Lang­sam aber sicher trock­nen die Süß­wasser­reservoirs in Flüssen und Seen aus, die Land­massen des Plane­ten Erde verwan­deln sich in Wüsten.

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Middlesex

Middlesex
Jeffrey Eugenides, 2003

Jeff­rey Euge­ni­des, Ame­ri­ka­ner mit grie­chi­schen Wur­zeln, hat eine eben­so wun­der­ba­re wie wun­der­li­che Fa­mi­li­en­chro­nik mit dem Titel Middlesex ab­ge­lie­fert. Um die Fi­gur des Herm­aphro­di­ten Cal (ge­bo­re­ne Cal­li­ope) Ste­pha­ni­des – Er­zäh­ler und Pro­ta­go­nist – spinnt der Autor eine Tra­gi­ko­mö­die. Fa­cet­ten­reich schil­dert er die ge­ne­ti­schen Fol­gen von In­zest und er­zählt die Ge­schich­te einer ame­ri­ka­ni­schen Ein­wan­de­rer­fa­mi­lie aus Grie­chen­land über drei Ge­ne­ra­ti­o­nen hin­weg. Außer­dem be­leuch­tet er his­to­ri­sche De­tails aus dem zwan­zig­sten Jahr­hun­dert – be­gin­nend mit dem Exo­dus der Grie­chen von heu­te tür­ki­schem Ge­biet, bis zu Er­eig­nis­sen der jün­ge­ren ame­ri­ka­ni­schen Ge­schich­te.

Der Autor Jeff­rey Euge­ni­des wur­de im Jahr 1960 in Ame­ri­ka, De­troit, ge­bo­ren. Heu­te lebt er mit Frau und Toch­ter in Ber­lin, wo­hin es ihn durch ein Sti­pen­dium des Deut­schen Aka­de­mi­schen Aus­tausch­diens­tes ver­schlug. Das selbst ge­wähl­te Exil führt der Schrift­stel­ler als Er­folgs­fak­tor für Middlesex an. Erst in Deutsch­land fand er die Mu­ße, den Ro­man zu schrei­ben, für den er ins­ge­samt neun Jah­re Zeit auf­wand­te. Vä­ter­li­cher­seits ist Euge­ni­des grie­chi­scher Ab­stam­mung, von Sei­ten der Mut­ter hat er bri­ti­sche Vor­fah­ren. Middlesex ist nach den Selbst­mord­schwes­tern sein zwei­ter Ro­man und wur­de im Jahr 2003 mit dem Pu­lit­zer-Preis aus­ge­zeich­net.

Middlesex – Zur Handlung

Das Buch gibt Ab­schnit­te aus dem Leben dreier Gene­rati­onen der Fami­lie Ste­phani­des wie­der. 1922 ver­las­sen die Geschwis­ter Des­de­mona und Eleu­the­rios Smyrna – heute Izmir. Türki­sche Trup­pen setz­ten zum Angriff auf die klein­asia­ti­sche Stadt an. Auf dem Schiff, das die bei­den in die USA bringt, nut­zen sie die Gele­gen­heit, ihr Fami­lien­ver­hält­nis zu ver­schlei­ern. Sie hei­ra­ten sich gegen­sei­tig. In Detroit schließt sich das Ehe­paar Ste­pha­ni­des der Fami­lie ihrer Cou­sine Sour­me­lina an. Eleu­the­rios nennt sich von nun an Lefty, Sour­me­lina kennt als ein­zige die wahre Ver­gan­gen­heit des Paa­res.

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Pompeji

Pompeji
Robert Harris, 2004

Wir schreiben das Jahr 79 n.Chr. Die Welt­macht Rom erlebt eine Zeit histo­ri­scher Blüte. Erfüllt von Stolz auf das poli­ti­sche Sytem, kultu­relle Errun­gen­schaf­ten und wissen­schaft­liche Glanz­leis­tungen zeh­ren die römi­schen Bür­ger von den Anstren­gun­gen ihrer Ahnen, denen sie ihr zufrie­denes und sattes Leben verdan­ken. Die Er­war­tungs­hal­tung der Römer ist groß; die Bereit­schaft des Einzel­nen, eigene Bei­trä­ge zur Erneue­rung zu leisten, hinge­gen mini­mal. Denn über der Gesell­schaft der Rei­chen und Arri­vier­ten liegt der modrige Geruch von Übersät­tigung, Gleich­gültig­keit und Ego­zentri­zität.
Pompeji: Ein Modell dieser selbst­gefäl­ligen Wohl­stands­gesell­schaft findet sich in den Sommer­mona­ten am Golf von Neapel ein. Dank der Aqua Augusta, einer bau­techni­schen Meister­leistung, die den ausge­dörr­ten Süden mit fri­schem Wasser im Über­fluss versorgt, führt die römi­sche Ober­schicht in ihren Ferien­domi­zilen ein aus­schwei­fendes Leben. Doch mit einem Donner­schlag zerstört der Aus­bruch des Vulkans Vesuv den römi­schen Mikro­kosmos am Golf.

Pompeji – Historische Parallelen

Das Szena­rio kommt auch dem Leser bekannt vor, der in seiner Schul­zeit nicht in den Genuss eines mehr­jähri­gen Latein­unter­richts kam. Denn der Autor Robert Harris baut unüber­seh­bar bereits in den Vor­bemer­kungen Paral­lelen zu New York und impli­zit auch zum Atten­tat am 11. September 2001 auf. Harris basiert seinen Erfolgs­roman ganz bewusst auf Ähn­lich­keiten zwi­schen der histori­schen Welt­macht Rom und den gegen­wärtigen Verhält­nissen in den USA.

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