Auf der Suche nach Lesestoff?❤Hier findest Du Buchbesprechungen mit Anspruch aber ohne Allüren. Ich schreibe meist über belletristische Titel; über solche, die mir gefallen oder auch mal nicht gefallen haben; manchmal Mainstream, manchmal abseits der ausgetretenen Pfade. (Persönliche Empfehlungen und ein paar Worte zu diesem Projekt gibt’s ganz unten auf dieser Seite.)
Nach der gelungenen Überraschung durch Der Tempel des Castor werde ich mich langsam aber sicher auch durch die früheren historischen Romane der Autorin Claudia Magerl durcharbeiten. Zehn Jahre vor dem Tempel, nämlich im Jahr 2009, wurde Magerls erster Roman mit dem Titel Bruderschwur veröffentlicht. Bereits in diesem Roman behandelt die Autorin das historische Rom. Wir tauchen ein in das letzte vorchristliche Jahrhundert. Hauptfigur der Geschichte ist Agrippa, Feldherr, Freund und Vertrauter des ersten römischen Kaisers Augustus.
Zum Einstieg lernen wir sogleich, dass der wichtigste Name im alten Rom nach Vor- und Familienname eigentlich der dritte ist. Mit diesem Namen gaben damals Väter ihren Kindern eine Botschaft mit auf den Lebensweg. Marcus Vipsanius „Agrippa“ bekam von seinem Vater Lucius kein gutes Omen verliehen. Agrippa leitet sich ab von Aeger Partus, dem „schwer Geborenen“, wegen seiner Steißgeburt.
Der Chronist der Flower-Power-Ära, T. C. Boyle, greift wieder einmal tief ins Füllhorn der historischen Alternativszene Amerikas und präsentiert den Roman Das Licht. Diesmal geht es um Timothy Leary, den LSD-Papst der Sechzigerjahre. Damit knüpft Boyle an seine Erfolgsbiografien wie Willkommen in Wellville und Dr. Sex an. Er erzählt die Geschichte der Wendejahre Learys, als der Harvard-Professor beginnt, im Zirkel seiner Doktoranden und deren Ehefrauen Drogenexperimente durchzuführen: Insbesondere mit Psilocybin und Lysergsäurediethylamid. Das Licht ist Boyles siebzehnter Roman und wurde im Original drei Jahre nach Die Terranauten und zwei Jahre vor Sprich mit mir veröffentlicht.
Wenn es um Sex, Drugs & Rock’n’Roll geht, läuft T. C. Boyle stets zur Höchstform auf. Deshalb wundert es nicht, dass Das Licht wieder einmal zu einem Glanzlicht der historisch-biografischen Romane geworden ist. Im englischen Original heißt der Titel übrigens Outside Looking In. Damit nimmt der Autor Bezug auf die Pop-Kultur der Sechzigerjahre. In ihrem Song Legend Of Mind besangen die Moody Blues die Ikone der Bewusstseinserweiterung:
„Timothy Leary’s dead
No, no, no, no, he’s outside looking in“
(Moody Blues, 1968)
Es gibt viele schriftstellerische Kunstgriffe, auf die Autoren in ihren Geschichten zurückgreifen können. Eine dieser Finessen, die mich als Mathematiker enorm fasziniert, ist die der Rekursion. Der Rekursion haftet stets ein Hauch der Unendlichkeit an.
Einige der besten grafischen Beispiele für Rekursion stellen Zeichnungen von M.C. Escher dar. Etwa dieser endlose, mystische Lauf treppauf oder treppab auf dem Titelbild zu diesem Text. Im Musikalischen hingegen ist Johann Sebastian Bach der unbestrittene Meister der Rekursion. (Interessierst Du Dich ernsthaft für die Theorie? Dann empfehle ich Dir unbedingt Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter zur Lektüre. Das Standardwerk.)
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In der Literatur gibt es ebenfalls viele Beispiele, in denen die Autoren ihre Geschichten rekursiv angelegt haben.
Beispielsweise würde eine Romanfigur im (fiktiven) Roman „Urlaub auf Sylt“ im Laufe der Romanhandlung aus ihrem jüngst veröffentlichten Roman mit dem Titel „Urlaub auf Sylt“ vorlesen. Damit würde eine Abbildung des Romans auf sich selbst, also eine Rekursion entstehen.
Rezensionen rekursiver Romane
Dieses Beispiel ist natürlich eher trivial. In meinen Buchbesprechungen habe ich jedoch drei sehr gelungene, subtilere Beispiele für rekursiv angelegte Romane rezensiert:
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Die Sandelholzstrafe – Eine Geschichte über Dorfschönheiten, Rebellen und das Leben in der chinesischen Provinz während der europäischen Kolonialzeit zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Und über die Grausamkeit der Todesstrafen, wie sie damals auch wegen geringer Vergehen vollzogen wurden. Eine Erzählung über das alte China, vorgetragen in einer Sprache, die von überlieferten populären Redeweisen und Gesängen geprägt ist.
Der Schatten des Windes – Der Protagonist des Romans „adoptiert“ ein Buch gleichen Titels und durchlebt mit dessen Hauptfigur Höhen und Tiefen des Lebens. Ein „fantastischer“ Roman über Literatur, über das Erwachsenwerden und über die Stadt meines Herzens, Barcelona. Eine Geschichte über den sagenumwobenen „Friedhof der Verlorenen Bücher“; über Liebe, Freundschaft und Verrat; über die Historie des spanischen Bürgerkrieges.
Tintenherz – Ein packendes Märchen über das Verschwinden von Grenzen zwischen Realität und Erfundenem. Vorleser mit einer besonderen Gabe können Gegenstände, Personen und Tiere aus dem Roman im Roman heraus in die Wirklichkeit von Tintenherz transportieren sowie auch andersherum aus der Romanwirklichkeit hinein in das Buch im Buch.